Arbeitsschutz

Umgang mit KMR-Gefahrstoffen im Betrieb

Der Umgang mit krebserzeugenden, keimzellmutagenen und reproduktionstoxischen Gefahrstoffen (KMR-Stoffen) im Betrieb erfordert besondere Sorgfalt. Wir zeigen Ihnen die relevanten Einstufungen und stellen wichtige rechtliche Vorgaben vor.

5 Min.

17.08.2021

Definition KMR-Stoffe

Karzinogene Stoffe können Krebs erzeugen bzw. dessen Entstehung fördern und somit die Krebshäufigkeit erhöhen.

Keimzellmutagene Stoffe verändern (vorübergehend) die Struktur oder den Informationsgehalt des Erbguts oder stören die normalen Replikationsabläufe.

Reproduktionstoxische Stoffe beeinträchtigen die Sexualfunktion und die Fruchtbarkeit sowie die Entwicklung der Nachkommen während und nach der Schwangerschaft.

Innerhalb der jeweiligen Gefahrenklasse wird noch weiter unterteilt in:

  • Stoffe, bei denen die Wirkung am Menschen gesichert ist (Kategorie 1A)
  • Stoffe, bei denen die Wirkung im Tierversuch nachgewiesen ist und dadurch sehr wahrscheinlich auch beim Menschen vorliegt (Kategorie 1B)
  • Stoffe, bei denen die Wirkung beim Menschen vermutet wird (Kategorie 2)

Erkennen von KMR-Stoffen

Schauen Sie im Sicherheitsdatenblatt vor Verwendung eines neuen Stoffes und bei bereits verwendeten Stoffen regelmäßig nach, ob eine der folgenden Einstufungen vorhanden oder neu hinzugekommen ist:

  • Carc. 1A, Carc. 1B, Carc. 2
  • Muta. 1A, Muta. 1B, Muta 2
  • Repr. 1a, Repr. 1B, Repr. 2

 

Auf dem Etikett des Gefahrstoffgebindes ist bei diesen Stoffen das Piktogramm „Silhouette“ zu finden zusammen mit einem der folgenden Gefahrenhinweise:

  • H350, H351 (krebserzeugende Gefahrstoffe)
  • H340, H341 (keimzellmutagene Gefahrstoffe)
  • H360, H361 (reproduktionstoxische Gefahrstoffe)

Welche rechtlichen Vorgaben müssen beachtet werden?

Pflichten beim Umgang mit KMR-Stoffen ergeben sich insbesondere aus der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) und dem Mutterschutzgesetz (MuSchG).

Allgemeine Forderungen der GefStoffV

Beim Einsatz der KMR-Stoffe müssen alle allgemeinen Schutzmaßnahmen für den Umgang mit Gefahrstoffen eingehalten werden. Hierzu gehören unter anderem eine Begrenzung der Exposition auf möglichst wenige Beschäftigte und eine möglichst geringe Menge und Dauer. Sofern Arbeitsplatzgrenzwerte (AGW, TRGS 900) oder biologische Grenzwerte (BGW, TRGS 903) festgelegt sind, muss deren Einhaltung sichergestellt werden. Die Auswahl an Maßnahmen hierfür erfolgt nach der Rangfolge

  • S – Substitution des Stoffs oder Verfahrens durch weniger gefährliches, falls möglich (siehe TRGS 600)
  • T – technische Maßnahmen
  • O – organisatorische Maßnahmen
  • P – Persönliche Schutzausrüstung (PSA)

 

Bevor sich für den Einsatz eines KMR-Stoffs entschieden wird, muss in der Gefährdungsbeurteilung mit der Substitutionsprüfung dokumentiert werden, warum kein weniger gefährlicher Stoff eingesetzt werden kann.

Die Verwendung der PSA muss den Beschäftigten im Rahmen einer Unterweisung mit praktischer Übung vermittelt werden.

Zusätzliche Forderungen der GefStoffV

Beim Umgang mit KMR-Stoffen bestehen zusätzliche Forderungen für den Betrieb. Im Folgenden sind nur einige wichtige genannt.

  • Krebserzeugende oder keimzellmutagene Gefahrstoffe der Kategorien 1A und 1B müssen unter Verschluss oder so aufbewahrt werden, dass nur fachkundige und zuverlässige Personen Zugang haben.
  • Tätigkeiten mit diesen KMR-Stoffen der Kategorien 1A und 1B dürfen nur von fachkundigen oder besonders unterwiesenen Personen ausgeführt werden.
  • Bei KMR-Stoffen, für die kein AGW veröffentlicht ist, muss ein risikobezogenes Maßnahmenkonzept erstellt werden. (siehe TRGS 910)
  • Beim Umgang mit krebserzeugenden oder keimzellmutagenen Gefahrstoffen der Kategorien 1A und 1B muss eine Expositionsverzeichnis geführt werden, sofern die Gefährdungsbeurteilung eine Gefährdung der Gesundheit der Beschäftigten ergibt. (TRGS 410 und TRGS 905) Dieses Verzeichnis muss 40 Jahre nach der Exposition aufbewahrt werden.
  • Abgesaugte Luft aus einem Arbeitsbereich, in dem mit KMR-Stoffen der Kategorien 1A und 1B umgegangen wird, darf nicht in den Bereich zurückgeführt werden. Es sei denn, die Luft wird mit einem behördlich oder von einem Träger der gesetzlichen Unfallversicherung anerkannten Verfahren oder Gerät gereinigt. (TRGS 560)

Forderung nach MuSchG

Eine schwangere Frau darf keine Arbeiten ausführen, bei denen sie KMR-Stoffen der Kategorien 1A und 1B oder reproduktionstoxischen Stoffen der Kategorie 2 ausgesetzt sein kann.

Dr. Andreas Timmann | Experte für Arbeitssicherheit

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