Die Vollzugstätigkeiten der Überwachungsorgane machten in den vergangenen Jahren deutliche Defizite in der Umsetzung des Regelwerkes zum Schutz der Beschäftigten vor krebserzeugenden Gefahrstoffen sichtbar. Um dem entgegenzuwirken, legten sie ein Arbeitsprogramm auf, welches ab 2022 im Rahmen von Betriebsbesichtigungen die aktuelle Situation in den Betrieben erfassen und diese für Prävention sensibilisieren soll.
Solche Gefahrstoffe sind an dem Gefahrenpiktogramm GHS08 „Gesundheitsgefahr“ („Torso“) und den Gefahrenhinweisen (H-Sätzen) H350 „Kann Krebs erzeugen“, H350i „Kann bei Einatmen Krebs erzeugen“ oder H351 „Kann vermutlich Krebs erzeugen“ zu erkennen. Das Piktogramm GHS08 allein kann aber auch für andere chronische Gesundheitsgefahren stehen – achten Sie also auf die Kombination mit den oben genannten H-Sätzen. Um diese schnell herauszufinden, ist ein geschickt aufgebautes Gefahrstoffkataster basierend auf aktuellen Sicherheitsdatenblättern eine gute Voraussetzung. Außerdem kann es im Arbeitsumfeld krebserzeugende Gefahrstoffe geben, die erst während einer Tätigkeit oder eines Arbeitsprozesses entstehen bzw. freigesetzt werden. Auch diese müssen Sie aufspüren.
Laut der Homepage der Gemeinsamen Deutsche Arbeitsschutzstrategie (GDA) ist der Berufskrebs die arbeitsbedingte Todesursache Nummer eins in Deutschland.
In Anbetracht der vorhandenen Regelungstiefe (Gefahrstoffverordnung, Technische Regeln, berufsgenossenschaftliche Regeln usw.) überrascht diese Feststellung vielleicht, jedoch zeigte sich im Rahmen der Betriebsüberwachungen, dass die betriebliche Umsetzung der rechtlichen Vorgaben zum Teil erhebliche Mängel aufweist. Die GDA führt dazu weiter aus, dass die Überwacher*innen Handlungsbedarf identifizierten vor allem in den Bereichen Substitutionsprüfung, Expositionsermittlung, Einhaltung der Grenzwerte und Umsetzung der erforderlichen Schutzmaßnahmen für die Beschäftigten inklusive der arbeitsmedizinischen Vorsorge. Auch wurden Expositionsverzeichnisse nicht im erforderlichen Umfang geführt bzw. vorgefunden.
Eines der aktuellen Arbeitsprogramme der GDA trägt daher den Titel "Sicherer Umgang mit krebserzeugenden Gefahrstoffen" und stellt die Prävention beim Schutz vor berufsbedingten Krebserkrankungen in den Mittelpunkt. Das erklärte Ziel des Arbeitsprogramms: „Gefährdungen am Arbeitsplatz durch krebserzeugende Gefahrstoffe zu minimieren und so die Entstehung von berufsbedingten Krebserkrankungen zu verhindern.“
Im Rahmen der Betriebsbesichtigungen durch die Aufsichtsdienste von Ländern und Vertreter*innen der Unfallversicherungsträger wird anhand von gemeinschaftlich abgestimmten Überwachungsleitlinien der Status Quo der Betriebe zum Thema "Krebserzeugende Gefahrstoffe" aufgenommen. Dabei werden z. B. systematische Präventionsansätze überprüft, Empfehlungen gegeben und ggf. auch Auflagen an die Betriebe gemacht. Diesen praktischen Aktivitäten vor Ort ging eine umfangreiche Vorbereitungsphase durch die Träger der GDA voraus, die bspw. Schulungen des Personals innerhalb der Aufsichtsdienste umfasste und in der verschiedene sachbezogene Dokumente und Tools entwickelt und erprobt wurden.
Zu den wesentlichen Tools, die die GDA den Betrieben zum Thema krebserzeugende Gefahrstoffe an die Hand gibt, gehört der GDA Gefahrstoff-Check, der als Online-Anwendung oder in Papierform (PDF) zur Verfügung steht. In Form von Prüf- und Kontrollfragen mit Erläuterungen aufgebaut, soll er vor allem kleinen und mittleren Betrieben als Hilfestellung dienen, „vorausschauend und effektiv die Gefährdungen für die Beschäftigten durch krebserzeugende Gefahrstoffe am Arbeitsplatz zu erkennen und wirkungsvolle Schutzmaßnahmen zu treffen.“ (Quelle: https://www.gda-gefahrstoff-check.de/daten/gda/index.htm). Im Rahmen des innerbetrieblichen Gefahrstoffmanagements sind dafür auch die Fachkräfte für Arbeitssicherheit und die Betriebsärztinnen und -ärzte wertvolle Ansprechpartner*innen.
Die GDA schreibt auf ihrer Internetseite: „Die Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie (GDA) ist eine auf Dauer angelegte im Arbeitsschutzgesetz und im Sozialgesetzbuch VII verankerte Plattform von Bund, Ländern und Unfallversicherungsträgern. Ziel dieses Bündnisses ist es, das Arbeitsschutzsystem in Deutschland […] kontinuierlich zu modernisieren und Anreize für Betriebe zu schaffen, die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten weiter zu stärken.“
Die GDA entwickelt u.a. aus ihren Trägern (Bund, Länder und Unfallversicherungsträger) heraus gemeinschaftlich abgestimmte Arbeitsschutzziele, die in bundesweite Arbeitsprogramme umgesetzt werden. Diese Arbeitsprogramme der GDA „wenden sich insbesondere an die Betriebe und unterstützen damit also Unternehmer, Führungskräfte, Beschäftigte und betriebliche Arbeitsschutzexperten bei der konkreten Ausgestaltung des Arbeitsschutzes.“ Dementsprechend finden Sie auf der Homepage der GDA allerhand Praxishilfen und Musterformulare zur kostenfreien Nutzung. Am bekanntesten dürfte der GDA-ORGAcheck sein, mit dem Unternehmen den Arbeitsschutz im eigenen Betrieb prüfen und verbessern können. Das Tool steht online oder in Papierform zur Verfügung.
Korrespondierend mit den bundesweiten Arbeitsprogrammen sorgt die GDA auch für „ein abgestimmtes Vorgehen der Aufsichtsdienste, basierend auf einheitlichen Grundsätzen.“ Damit soll u. a. die Zusammenarbeit bei Beratung und Überwachung der Betriebe in der Praxis verbessert werden. Hierzu haben sich staatliche Arbeitsschutzbehörden und die Unfallversicherungsträger in einer Rahmenvereinbarung verständigt. Leitlinien für das Aufsichtspersonal sind dementsprechend ebenso auf der Homepage der GDA für alle zugänglich.
Monika Bless | Expertin für Arbeitssicherheit
Sofern krebserzeugende Stoffe ihn Ihrem Betrieb vorkommen, sollten Sie auf die Schwerpunkt-Überwachung durch Aufsichtsdienste oder Vertreter*innen der Berufsgenossenschaften vorbereitet sein. Überprüfen Sie dafür die Prozesse und Dokumente Ihres Gefahrstoffmanagementes z. B. mit Hilfe der Check- und Prüflisten auf der Internetpräsenz der GDA und den Handlungshilfen der Unfallversicherungsträger. Besprechen Sie sich mit Ihrer Fachkraft für Arbeitssicherheit und Ihrer Betriebsärztin/Ihrem Betriebsarzt.
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