Anders als bei der Beförderung von Gefahrgütern an Land, unterliegen Gefahrgüter im Seeverkehr strengeren Trennvorschriften. Im Landverkehr muss hauptsächlich bei der Trennung von Gefahrgütern der Klasse 1 aufgepasst werden. Im Seeverkehr hingegen gibt es mehrere Trennvorschriften und Ausnahmen. Diese betreffen alle Klassen.
Unter Trennung versteht man das Auseinanderhalten eines verpackten Gefahrgutes und eines anderen (verpackten) Gefahrgutes.
Laut 7.2.2.2 IMDG-Code gibt es grundsätzlich 4 Trennbegriffe:
In der Praxis spielen fast ausschließlich die Trenngrade 1 und 2 eine Rolle.
Unterliegen Gefahrgüter einer der oben genannten Trennungen, dürfen sie nicht in denselben Container gepackt werden (7.2.3.2 und 7.3.4.1 IMDG-Code). Einzige Ausnahme besteht bei „Entfernt von“, dass mit einer Einzelgenehmigung der zuständigen Behörde zusammengepackt werden darf (7.3.4.1 IMDG-Code). Dies ist aber immer mit Auflagen verbunden. Mit Ausnahme von 7.2.6.3 IMDG-Code gilt immer die strengste Trennvorschrift.
Außerdem ist es nicht erlaubt, Gefahrgüter der Klassen 2.3, 6.1, 6.2, 7 (außer UN 2908, 2909, 2910 und 2911) und 8 zusammen mit Nahrungs- und Futtermitteln zu packen. Ausnahmen gibt es hier lediglich für die Klassen 6.1 und 8 der Verpackungsgruppen III, Klasse 8 Verpackungsgruppe II und alle anderen Gefahrgüter mit Zusatzgefahr 6.1 oder 8 der Verpackungsgruppen III. Diese dürfen zusammen in denselben Container gepackt werden, wenn ein Mindestabstand von 3 m zu den Nahrungs- und Futtermitteln eingehalten wird.
Damit zuverlässig ermittelt werden kann, welche Gefahrgüter voneinander zu trennen sind, müssen alle Angaben zum Gefahrgut vorliegen. Diese Angaben stehen grundsätzlich im Beförderungsdokument, welches im Seeverkehr und im IMDG-Code auch IMO-Erklärung genannt wird. Ein Sicherheitsdatenblatt reicht dafür nicht aus.
Folgende Angaben benötigt man aus dem Beförderungsdokument:
Soll das Beförderungspapier erst erstellt werden, benötigt man die Angaben aus dem Sicherheitsdatenblatt und die weiteren Angaben des Herstellers, die sich nicht im Sicherheitsdatenblatt befinden.
Aus dem IMDG-Code werden folgende Angaben benötigt:
Die grundsätzlichen Angaben des Trenngrades ergeben sich aus dem IMDG-Code Kapitel 7.2:
Bis hierher haben wir Ihnen erläutern, welche Vorschriften es beim Thema Trennung zu beachten gilt und welche Begrifflichkeiten Sie kennen sollten. Jetzt beschäftigen wir uns eingehender mit den Trenngraden. Um Gefahrgüter korrekt zu laden, ist es unabdingbar zu wissen, wie ein solcher Trenngrad ermitteln werden kann.
Mit dieser Anleitung wird zu jedem Gefahrgut die höchste Trennung gesucht.
Wenn Sie Glück haben, fallen die von Ihnen geladenen Gefahrgüter unter eine Ausnahmeregelung, sind somit von einer Trennung ausgenommen, und Ihr Weg zum richtigen Trenngrad ist kurz. Hierunter fallen folgende Gefahrgüter:
Fallen Ihre Gefahrgüter nicht unter einen der oben gelisteten Punkte, finden Sie sie womöglich im nächsten Abschnitt Schritt 2: Trennung nach Trenngruppen und Trenncodes wieder.
UN 2014 und UN 3105 organisches Peroxid Typ D, flüssig (Peroxyessigsäure, Typ D, stabilisiert). Diese beiden UN-Nummer werden in der Tabelle 7.2.6.3.1 genannt, wobei darauf zu achten ist, dass für UN 3105 nur die technische Benennung „Peroxyessigsäure, Typ D, stabilisiert“ genannt wird. Diese beiden UN-Nummern brauchen nicht getrennt zu werden. Das Besondere an dieser Tabelle ist, dass der Zusammenstau von Peroxyessigsäure mit Wasserstoffperoxid, wässrige Lösung, erlaubt wird. Es gibt für UN 3105, 3107 und 3109 noch andere Chemikalien, die mit den 3 UN-Nummern klassifiziert werden, aber dann getrennt werden müssen, weil sie nicht Peroxyessigsäure sind. Ein Beispiel wäre UN 2014 und UN 3105 organisches Peroxid Typ D, flüssig (tert-Butylhydroperoxid). In diesem Fall ist die technische Benennung nicht in der Tabelle 7.2.6.3.1 IMDG-Code hinterlegt und deswegen fallen diese Gefahrgüter nicht unter die Befreiung vom Trenngebot.
Laut Tabelle 7.2.6.3.4 dürfen alle Gefahrgüter der Klasse 5.2 mit UN 1325 zusammen gestaut werden. Peroxyessigsäuren werden aber davon ausgeschlossen. Also wäre es nicht erlaubt, wenn man z.B. UN 1325 und UN 3101 organisches Peroxid Typ D, flüssig (Peroxyessigsäure, Typ D, stabilisiert) zusammen staut. UN 3101 organisches Peroxid Typ D, flüssig (tert-Butyl Peroxyacetate) und UN 1325 sind aber von der Trennung ausgenommen.
UN 1385 Klasse 4.2 und 1849 Klasse 8 dürfen zusammen gestaut werden, weil es sich um den gleichen Stoff „Natriumsulfid“ handelt, aber mit unterschiedlichem Wassergehalt. Siehe 7.2.6.3 IMDG-Code.
Können Sie Ihre Gefahrgüter nicht gemäß den oben aufgeführten Punkten zusammenladen, müssen Sie sie ggf. aufgrund ihrer Trenngruppen und Trenncodes getrennt laden. Um dies herauszufinden, können Sie wie folgt vorgehen.
UN 1789 Chlorwasserstoffsäure hat laut Spalte 16 b der Gefahrgutliste den Eintrag „SGG1a“. In der Tabelle 7.2.5.2 IMDG-Code kann man die Bedeutung der Trenngruppen nachlesen. In der Spalte 16 b stehen ebenfalls die zusätzlichen Trenncodes „SG36“ und „SG49“. Die Bedeutung der Trenncodes kann man in der Tabelle 7.2.8 IMDG-Code nachlesen. UN 1789 ist eine starke Säure und muss von Alkalien (SG36) und Cyaniden (SG49) getrennt werden. Für UN 1824 Natriumhydroxidlösung steht in der Spalte 16 b „SGG18“ und „SG35“. Es handelt sich also um eine Alkalie (SGG18) und sie muss von Säuren getrennt werden (SG35). UN 1789 (starke Säure, getrennt von Alkalien) und UN 1824 (Alkalie, getrennt von Säuren) müssen also getrennt werden und dürfen nicht zusammen in den selben Container gestaut werden, es sei denn, man kann 7.2.6.5 IMDG-Code anwenden: In diesem Fall dürfen die Gefahrgüter der Verpackungsgruppen II und III zusammen in den selben Container geladen werden, wenn sie
UN 1789 Chlorwasserstoffsäure und UN 1760 Ätzender flüssiger Stoff, n.a.g. UN 1760 ist eine Sammeleintragung, die für Gefahrgüter genommen werden kann, die nicht namentlich in der Gefahrgutliste aufgeführt sind. In den Trenngruppen sind einige der Sammeleintragungen nicht enthalten. Ein Versender kann entscheiden, ob er das Gefahrgut, was er in eine Sammeleintragung klassifiziert, einer Trenngruppe zuordnet (3.1.5.3 IMDG-Code). Obwohl UN 1760 laut IMDG-Code keiner Trenngruppe zugeordnet wurde, ist es möglich, dass der Versender das Gefahrgut der Trenngruppe z.B. der Säuren oder Laugen zuordnet. In diesem Fall muss das im Beförderungspapier eingetragen werden „IMDG-Code-Trenngruppe Säuren“ / IMDG Code segregation group Acids“ (5.4.1.5.11.1 IMDG-Code). In diesem Beispiel muss die Trenngruppen aus dem Beförderungspapier entnommen werden.
Ihre Gefahrgüter können weder zusammengeladen werden noch sind Sie gemäß Trenngruppe oder Trenncode zu separieren? Dann bleibt zu prüfen, ob die Gefahrgüter laut Klassen getrennt werden müssen. Hierzu können Sie wie nachfolgend beschrieben vorgehen.
Feststellen, ob Klassen getrennt werden müssen:
In der Tabelle 7.2.4 IMDG-Code werden alle Klassen aufgeführt. Taucht in der Tabelle bei zwei zu vergleichenden Klassen ein „X“ auf, braucht aufgrund der Klassen keine Trennung vorgenommen werden. Bei Zahlen (1 bis 4) ist das Zusammenpacken verboten mit Ausnahme von „1“, dass mit schriftlicher Genehmigung der zuständigen Behörde zusammengepackt werden darf. Für die Trennung der Klasse 1 untereinander muss in der Tabelle 7.2.7.1 nachgesehen werden. Hier muss auch ein „X“ stehen, sonst dürfen die Gefahrgüter nicht zusammengepackt werden.
Aus den Tabellen wird zu jedem Gefahrgut anhand der Haupt- und Nebengefahr die Trennung zu jedem anderen Gefahrgut bestimmt, welches zusammen in denselben Container gepackt werden soll. Dabei vergleicht man immer die Hauptgefahren zu den Hauptgefahren, die Hauptgefahren zu den Nebengefahren, die Nebengefahren zu den Hauptgefahren und die Nebengefahren zu den Nebengefahren. Für Gefahrgüter mit mehr als einer Nebengefahr wird die Trennung durch ein Trenncode festgelegt. In diesem Fall muss nur der Trenncode zur richtigen Trennung herangezogen werden und nicht die Klassen laut Gefahrgutliste 3.2 IMDG-Code (7.2.3.4 IMDG-Code).
Haben Sie die Trennung gemäß Trenngruppe, Trenncode und Klassen geprüft und kam an irgendeiner Stelle heraus, dass eine Trennung vorliegt, dürfen die Gefahrgüter unter keinen Umständen im selben Container zusammengepackt werden. Eine Ausnahme, wie im Schritt 1 beschrieben, ist dann weder möglich, noch erlaubt.
UN 1202 Gasöl ist Klasse 3. Dies kann man in der Gefahrgutliste in Spalte 2 ablesen. In der Spalte 4 stehen die Zusatzgefahren. Für UN 1202 gibt es keine Zusatzgefahr „-“. UN 1438 Aluminiumnitrat ist Klasse 5.1 und hat ebenfalls keine Zusatzgefahr. Sucht man in der Tabelle 7.2.4 IMDG-Code wo sich Klasse 3 und 5.1 kreuzen, findet man die Ziffer „2“. Das heißt, dass Klasse 3 und 5.1 getrennt werden müssen und nicht zusammen in denselben Container gestaut werden dürfen.
UN 2014 Wasserstoffperoxid, wässrige Lösung ist Klasse 5.1, Zusatzgefahr 8. UN 1511 Harnstoffwasserstoffperoxid hat Klasse 5.1, Zusatzgefahr 8. In Tabelle 7.2.4 findet man, wenn man die Hauptgefahren sucht, an der Stelle, an der sie sich kreuzen, ein „X“. Gleiches gilt für die Zusatzgefahren. Sucht man für die Hauptgefahren des einen Stoffes und die Zusatzgefahr des anderen Stoffes die Trennung, findet man jeweils eine „2“. Also muss man die beiden Gefahrgüter trennen und darf sie nicht in denselben Container stauen. Die Gefahrgüter müssen in diesem Fall wegen der Inkompatibilität der Hauptgefahren zu den Zusatzgefahren getrennt werden. Hier gilt der Grundsatz „Wenn die Bestimmungen dieses Codes eine einzelne Zusatzgefahr (ein Zusatzgefahrzettel) angeben, sind die für diese Gefahr geltenden Trennvorschriften vorrangig einzuhalten, wenn sie strenger sind als die Trennvorschriften für die Hauptgefahr“ (7.2.3.3 IMDG-Code) und „Für die Trennung ist auch ein einzelner Zusatzgefahrzettel zu berücksichtigen“ (7.2.4 IMDG-Code 3. Satz).
Trenncodes „SG1“ bis „SG6“ „Trennung wie für Klasse ...“
Es gibt Gefahrgüter, die neben einer Hauptgefahr mehr als eine Nebengefahr aufweisen. Diese Gefahrgüter werde nicht aufgrund der Haupt- und Nebengefahren getrennt, sondern aufgrund der Trenncodes (7.2.3.4 IMDG-Code). Das heißt, wenn in Spalte 16 b der Trenncode SG6 „Trennung wie für Klasse 5.1“ steht, die Haupt- und Nebengefahren dieses Gefahrguts für die Trennung nicht berücksichtigt werden dürfen: UN 2032 Salpetersäure, rotrauchend, Klasse 8, Nebengefahr 5.1 und 6.1:
Obwohl dieses Gefahrgut Klasse 8, 5.1 und 6.1 ist, muss es wie Klasse 5.1 getrennt und von Klasse 4.1, 5.1, 7, Alkalien und Cyaniden, getrennt werden. Würde man das Gefahrgut entsprechend der Klassen und Sekundärklassen trennen, wäre das nicht korrekt. Es gibt aber andere Gefahrgüter, die die Trennvorschrift „Trennung wie für ...“ Aufweisen, z.B. UN 1755 Chromsäure, Lösung, Klasse 8, keine Nebengefahr:
Obwohl das Gefahrgut Klasse 8 ist, muss es wie Klasse 5.1 getrennt werden. Beabsichtigt man, ein anderes Gefahrgut der Klasse 3 oder 8 zusammen mit UN 1755 in denselben Container zu stauen, was für Klasse 8 und 3 nach der Tabelle 7.2.4 erlaubt wäre, ist es aufgrund des Trenncodes „SG06“ nicht erlaubt. Klasse 5.1 und Klasse 3 müssen laut Tabelle 7.2.4 getrennt werden. Aufgrund des Trenncodes „SG10“ ist es aber auch nicht erlaubt andere Gefahrgüter der Klasse 5.1 mit UN 1755 in denselben Container zu stauen, es sei denn, die zuständige Behörde erlaubt das. Gleiches gilt für den Zusammenstau mit Gefahrgütern der Klassen 4.1 und 7.
Gernot Severin | Gefahrgut-Experte
Beachten Sie die Trennvorschriften und kennen Sie das notwendige Vokabular. Seien Sie gewissenhaft mit Ihren Beförderungspapieren und Prüfen Sie das Zusammenladen bzw. die Trennung Ihrer Gefahrgüter sorgfältig. Zögern Sie bei Unsicherheiten nicht, sich noch einmal an einer anderen Stelle zu vergewissern. Ein Zusammenladen von zu trennenden Gefahrgütern kann für Sie nicht nur wirtschaftliche Folgen in Form von Bußgeldern haben. Wir beraten Sie hier gern!
Übrigens: Weitere Beispiele können am Ende des Abschnitts 7.2.8 IMDG-Code nachgelesen werden.
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