Dieser Beitrag wurde zuerst in „gefährliche ladung“ 07/2023 veröffentlicht. Das Gefahrgut-Magazin für die Gefahrgut-Logistik erscheint bei Storck Hamburg, einer Marke des Verlags ecomed-Storck in Landsberg am Lech und Hamburg.
und wohin? In die Firma zur IT-Abteilung?
Sicherlich ist dieser beschriebene Fall eine sehr besondere Situation, die zum Glück nicht alltäglich ist, aber die Frage aufwirft, ob die Gefahren im Unternehmen ausreichend bewertet und geeignete Gegenmaßnahmen festgelegt wurden. In diesem Artikel wird auf einige Besonderheiten der Gefährdungsbeurteilungen für Lithiumbatterien eingegangen und es werden exemplarisch einige Knackpunkte aufgezeigt.
Bei Lithiumbatterien kommen einige kritische Punkte zusammen. Wesentliche Aspekte sind der hohe Energiegehalt und der Aufbau der Batterie.
In den Lithiumbatterien selbst sind feine Membranen (Separatoren) verbaut, die beispielsweise durch unsachgemäße Handhabung (resultierend zum Beispiel in Erschütterungen) beschädigt werden können, was aber oftmals äußerlich nicht erkennbar ist. Dabei besteht die Gefahr, dass es im Inneren der Batterie zu Kurzschlüssen kommt, die zur Selbstzersetzung (oder auch Thermal Runaway; ein Feuer mit starker Hitze- und Rauchgasentwicklung) der Batterie führen. Ausgehend davon kann es wiederum zu einer Kettenreaktion mit anderen Batterien in der Nähe oder gar zu Entstehungsbränden kommen. Weiterhin ist das Rauchgas gesundheitsschädlich.
Erschwerend kommt hinzu, dass die Lithiumbatterie von außen gesehen eine Blackbox ist. Oft ist die stoffliche Zusammensetzung (beispielsweise der Elektrolyt der Batterie) unbekannt, Zelltypen können sich innerhalb einer Batterieserie unterscheiden und innere Beschädigungen können nicht ohne Weiteres festgestellt werden.
Am Ende ihrer Lebenszeit sind Batterien dann zu entsorgen. Dabei können weitere Gefährdungen bei der Sammlung auftreten, beispielsweise bei der Trennung der Abfälle, durch Fehlwürfe oder Kurzschlüsse. Auch unterscheiden sich die Gefährdungen bei defekten oder beschädigten Batterien.
Zusammenfassend ist zu sagen, dass im Zusammenhang mit Lithiumbatterien viele Gefährdungsfaktoren existieren und diese oftmals nur schwer zu überblicken sind.
Die Pflicht zur Ermittlung der Gefährdungen ergibt sich unter anderem aus § 5 Absatz 1 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG). Darin ist gefordert, dass der Arbeitgeber grundsätzlich alle Arten von Gefährdungen im Arbeitsumfeld ermitteln, bewerten und entsprechende Schutzmaßnahmen festlegen muss. Die Ergebnisse dieser Bewertung werden in der Gefährdungsbeurteilung festgehalten.
Der Inhalt dieser Gefährdungsbeurteilung wird in eine Betriebsanweisung überführt, die als Grundlage zur Unterweisung der Beschäftigten dient. Die Unterweisung hat vor erstmaliger Arbeitsaufnahme zu erfolgen und muss mindestens jährlich wiederholt werden.
Auffälligkeiten bei Gefährdungsbeurteilungen von Lithiumbatterien So auch für die Gefährdungen, die aus dem Einsatz von Lithiumbatterien resultieren. Es wird leider des Öfteren festgestellt, dass die besonderen Gefährdungen durch die Lithiumbatterien nicht oder nur unzureichend in der Gefährdungsbeurteilung dokumentiert werden und entsprechend keine oder aber nicht ausreichende Gegenmaßnahmen getroffen werden.
So beinhaltet beispielsweise eine Gefährdungsbeurteilung für Büroarbeitsplätze zwar die ergonomischen Risiken und Anforderungen an die Bildschirmarbeitsplätze, aber die Gefährdungen, die aus einer sich aufblähenden Lithiumbatterie eines Laptops resultieren, bleiben oft unbeachtet. Gleiches lässt sich auf den gewerblich technischen Bereich übertragen. Insbesondere in den Bereichen, in denen ein rauer Umgang mit den Batterien zu erwarten ist, sollte, aufgrund der höheren Eintrittswahrscheinlichkeit von Beschädigungen, ein besonderes Augenmerk auf die spezifischen Gefährdungen durch den Einsatz der Lithiumbatterien gelegt werden, beispielsweise Akku-Geräte im Handwerk etc. Bewertet werden sollte aber nicht nur der originäre Einsatzzweck der Lithiumbatterie, also der Zweck, für den die Kombination aus Batterie und Gerät vorgesehen ist, sondern auch dazugehörige Vorgänge wie das Laden, das Lagern, der (innerbetriebliche) Transport, die Entsorgung oder sogar der Schadensfall an sich sollten beurteilt werden.
Knackpunkte beim Erstellen der Gefährdungsbeurteilungen In Leitfäden zum Umgang mit Lithiumbatterien, wie zum Beispiel der VdS 3103, wird oft auf das Gefahrstoffrecht verwiesen. Leider ist der Verweis oftmals wenig hilfreich, denn bei Lithiumbatterien handelt es sich um Erzeugnisse und nicht um Gefahrstoffe. Daher sind wesentliche Informationen aus dem Gefahrstoffrecht, wie Sicherheitsdatenblätter (SDB), stoffliche Zusammensetzung, Lagerklassen, H-Sätze etc. nicht existent und können somit nicht zur Beurteilung herangezogen werden.
Erfahrungsgemäß sind die wichtigsten Informationsquellen zur Erstellung einer Gefährdungsbeurteilung für Lithiumbatterien die Herstellerdokumentationen wie beispielsweise die Bedienungsanleitungen oder Publikationen der Elektroindustrie und Sachversicherer. Bei der Bewertung der Eintrittswahrscheinlichkeit von Schadensereignissen muss differenziert werden. So ist prinzipiell die Eintrittswahrscheinlichkeit von solchen Schadensereignissen bei defekten und beschädigten Lithiumbatterien größer als bei intakten Lithiumbatterien. Dies sollte dementsprechend Eingang in die Gefährdungsbeurteilung finden. Weiterhin können sich die Gefährdungen in den einzelnen Lebensphasen der Batterie stark unterscheiden, sich möglicherwiese sogar gegenseitig potenzieren und in letzter Konsequenz dazu führen, dass die Bewertung der Gefahren für die einzelnen Lebensphasen individuell vorgenommen werden muss.
Die Gefährdungsbeurteilung ist nur ein Baustein von vielen Die Gefährdungsbeurteilung und die daraus abgeleitete Betriebsanweisung sind wichtige Bausteine mit einer gewissen rechtlichen Relevanz. Aufgrund der Komplexität der sich ergebenen Fragestellungen zum Umgang mit Lithiumbatterien ist es erfahrungsgemäß allerdings schwierig, alle Antworten in diese beiden Dokumente einzubauen. Bislang hat sich in Vorbereitung auf die Erstellung einer ersten Gefährdungsbeurteilung die Erstellung eines Betriebskonzeptes zum Umgang mit den Lithiumbatterien als sehr hilfreich erwiesen. Dahinter verbirgt sich eine detaillierte (Prozess-)Darstellung aller Vorgänge rund um die innerbetriebliche Verwendung der Lithiumbatterien, beginnend bei der Beschaffung über die Verwendung bis hin zur Entsorgung.
Oftmals ergeben sich bei der Erstellung des Betriebskonzeptes Fragestellungen, über die sich bislang niemand zuvor Gedanken gemacht hat. Wer stellt sich schon im Voraus die Frage, wie lange ein Entsorger benötigt, um eine kritisch defekte Lithiumbatterie bei einem betroffenen Unternehmen abzuholen beziehungsweise wie sich das Prozedere dazu gestaltet?
Die Antwort auf diese Beispielfragen kann wiederum Einfluss auf die Gefährdungsbeurteilung, die Betriebsanweisung, das Brandschutzkonzept oder sogar den Versicherungsschutz haben. Daher lohnt es sich, diese Fragen im Vorfeld zu stellen und die Antworten genau festzuhalten.
Ein weiterer essenzieller Baustein sind die Mitarbeitenden im Unternehmen: Diese müssen bezüglich der möglichen Gefahren hinreichend sensibilisiert werden, um sorgsam mit den Batterien umzugehen und gegebenenfalls auffällige Lithiumbatterien der weiteren Verwendung zu entziehen. Nur so gelingt ein sicherer Umgang mit Lithiumbatterien in einem Betrieb.
Tatsächlich war dieses Szenario im Vorfeld bewertet und entsprechende Maßnahmen waren getroffen worden. So gab es bei der IT-Abteilung einen gefahrgutrechtlich zugelassenen Transportbehälter, mit dem ein Transport kritisch defekter Batterien erfolgen konnte. Der Behälter wurde dem Mitarbeiter umgehend gebracht, der Laptop samt Akku darin verpackt und zurück zur Firma transportiert. Des Weiteren verfügte das Unternehmen im Außenbereich über einen Quarantäne-Lagerplatz, an dem das Behältnis mit Laptop und Akku gefahrlos bis zur Reparatur beziehungsweise bis zur Entsorgung aufbewahrt werden konnte. Am darauffolgenden Werktag wurde über den Service-Vertrag mit dem Hersteller ein neuer Akku in den Laptop eingebaut und der defekte Akku fachgerecht durch den Hersteller entsorgt.
Gefährdungsbeurteilungen sollten daraufhin geprüft werden, ob die Gefährdungen von Lithiumbatterien ausreichend berücksichtigt sind. Hierbei ist es sinnvoll, das Brandschutzkonzept einzubeziehen und Kriterien festzulegen, ab wann eine Lithiumbatterie als auffällig oder beschädigt gilt. Daraus folgt, dass Maßnahmen zu Umgang und Entsorgung für auffällige und beschädigte Batterien gefunden und die Mitarbeitenden im Betrieb entsprechend unterwiesen werden müssen – damit können kritische Verläufe schon im Vorfeld verhindert und Schäden an Mensch, Betrieb und Image minimiert oder gänzlich verhindert werden.
Wir bedanken uns bei Dr. Michael Heß, Chefredakteur gefährliche ladung, für die gute Zusammenarbeit und freuen uns auf weitere Veröffentlichungen in der „gefährlichen ladung“ .
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