Nach dem Brexit stellt die Grenze zwischen Nordirland und der irischen Republik die einzige Landgrenze zwischen Großbritannien und dem EU-Binnenmarkt dar. Aufgrund der konfliktbeladenen Vorgeschichte beider Nationen und den sich aus einer ‚harten Grenze‘ ergebenden Schwierigkeiten, wurde – unter anderem zur Vermeidung neuer Konflikte – das Nordirlandprotokoll beschlossen. Aus diesem ergeben sich auch chemikalienrechtliche Konsequenzen für den nordirischen Markt.
Formal ist Nordirland zwar kein EU-Mitglied mehr, verbleibt aber de facto im EU-Binnenmarkt. Eine Vielzahl von Regularien, die einen vereinfachten Warenverkehr zur europäischen Zollunion gewährleisten sollen, gelten also weiterhin. Entsprechend werden in Anhang II des Nordirland-Protokolls Verordnungen und Richtlinien aufgeführt, welche ganz oder in Teilen auch „für das Vereinigte Königreich und im Vereinigten Königreich in Bezug auf Nordirland“ gelten.
Neben vielen Verordnungen für beispielsweise Textilien, Kosmetika, Arzneimittel oder Biozide listet Abschnitt 23 dieses aus insgesamt 47 Abschnitten bestehenden Anhangs im Speziellen die Regularien bezüglich Chemikalien und chemischen Erzeugnissen auf, die auch viele unserer Kunden betreffen (Liste nicht erschöpfend):
Seit dem 1. Januar 2021 wird die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Chemikalien für die Vermarktung in Großbritannien (England, Schottland und Wales) durch die sogenannte ‘Retained CLP Regulation (EU) No. 1272/2008 as amended for Great Britain’ (kurz: GB CLP) reguliert. Hierbei übernimmt das britische Health and Safety Executive (HSE) die Rolle, die zuvor der ECHA zukam. Zunächst wurde die EU-CLP-Verordnung nahezu vollständig übernommen, in Zukunft sind allerdings durch Änderungsvorschriften zahlreiche Abweichungen zu erwarten.
In Nordirland hingegen ist die Einstufung von Chemikalien weiterhin durch die europäische CLP‑Verordnung reguliert. Das HSE von Nordirland (HSENI) stellt hierzu eine Kurzleitlinie zu verschiedenen relevanten Punkten aus der CLP-Verordnung zur Verfügung.
Während viele Punkte der EU CLP zunächst identisch übernommen wurden, weicht die Meldung gefährlicher Gemische in GB vom europäischen Vorgehen mittels PCN-Meldungen an die ECHA ab. Die nationale benannte Stelle für die Entgegennahme von Informationen für die gesundheitliche Notversorgung ist der britische National Poisons Information Service (NPIS). Importeure und Hersteller mit Sitz in GB oder nachgeschaltete Anwender mit Sitz in NI, die den britischen Markt beliefern sind dazu angehalten, freiwillig Information mit Relevanz für die gesundheitliche Versorgung und über Präventivmaßnahmen zu übermitteln. Die geschieht in der Praxis durch Übermittlung des Sicherheitsdatenblattes (SDB) an das NPIS via E-Mail. Eine Pflicht zur Angabe eines UFI besteht hierbei nicht, dieser kann allerdings mitregistriert werden, sofern er generiert wurde. Er muss dazu deutlich auf der ersten Seite des übermittelten Sicherheitsdatenblattes erkennbar sein.
Dadurch, dass die EU-CLP-Verordnung in Nordirland greift, müssen die übermittelten Information in Einklang mit Anhang VIII stehen. Allerdings haben die Behörden des gesamten Vereinigten Königreiches durch den Brexit keinen Zugriff auf die PCN (poison centre notification) der ECHA.
Folglich müssen die notwendigen Informationen separat an den in Birmingham lokalisierten NPIS übermittelt werden. Dies muss im für die PCN üblichen .i6z Format geschehen und die benötigten Dateien also aus IUCLID exportiert und via E-Mail übermittelt werden. Entsprechend der europäischen Regularien ist die Angabe eines UFI in den Meldungen obligatorisch.
Der Brexit und die Produktmeldung beschäftigen viele Unternehmen in den verschiedenen Lieferketten. Wir haben die ein oder andere Antwort auf die brennendsten Fragen.
Wenn Sie chemische Produkte bzw. gefährliche Gemische in Nordirland vertreiben, müssen Sie beachten, dass auch hier Produktmeldungsinformationen an die zuständigen Stellen übermittelt werden müssen. Da hierzu aber nicht die IT-Infrastruktur der ECHA, sondern die der UK-Behörden genutzt wird, sind zusätzliche Schritte zu den EU-Meldungen notwendig.
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