Werden Fahrzeuge befördert, handelt es sich bei Ihnen immer um Gefahrgut, denn:
Laut Definition sind gefährliche Güter Stoffe und Gegenstände, von denen auf Grund ihrer Natur, ihrer Eigenschaften oder ihres Zustandes im Zusammenhang mit der Beförderung Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung, insbesondere für die Allgemeinheit, für wichtige Gemeingüter, für Leben und Gesundheit von Menschen sowie für Tiere und Sachen ausgehen können.
Dies trifft so auf Fahrzeuge zu, weil sich in den Fahrzeugen entzündbare Flüssigkeiten (z.B. Benzin, Diesel), ätzende Stoffe (z.B. Batteriesäure), explosive Stoffe (Airbags), Gase (z.B. Reifen, Erdgas, Autogas) oder auch sonstige gefährliche Gefahrgüter (z.B. Lithiumbatterien, Altöl) befinden. Es ist also nicht die Gefahr eines Verkehrsunfalls oder das Risiko im Straßenverkehr gemeint. Ebenfalls sind hiermit nicht Fahrzeuge gemeint, die entsprechend Ihres Zwecks genutzt werden.
Gefahrgut steht immer in Zusammenhang mit einer Beförderung. Damit ist nicht nur der reine Ortswechsel gemeint, sondern auch die Vor- und Nacharbeiten. Als Beispiel können hier das Ein- und Auspacken, die Erstellung von Beförderungspapieren sowie der zeitweilige Aufenthalt genannt werden.
Gebrauchsgegenstände und Gebrauchsstoffe sind allerdings grundsätzlich kein Gefahrgut. Nutzen wir ein Fahrzeug, ist es demnach kein Gefahrgut. Es wird erst zum Gefahrgut, wenn es als Ladung befördert wird bzw. werden soll.
Laut ADR, IMDG-Code und IATA sind Fahrzeuge Gefahrgüter. Hier wird nach dem Antrieb unterschieden:
Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren
UN 3166
FAHRZEUG MIT ANTRIEB DURCH ENTZÜNDBARES GAS oder FAHRZEUG MIT ANTRIEB DURCH ENTZÜNDBARE FLÜSSIGKEIT oder BRENNSTOFFZELLEN-FAHRZEUG MIT ANTRIEB DURCH ENTZÜNDBARES GAS oder BRENNSTOFFZELLEN-FAHRZEUG MIT ANTRIEB DURCH ENTZÜNDBARE FLÜSSIGKEIT,
Klasse 9
Fahrzeuge mit Batterieantrieb
UN 3171
BATTERIEBETRIEBENES FAHRZEUG,
Klasse 9
Dies schließt nicht nur Straßenfahrzeuge ein, sondern auch Wasser- (Boote und Schiffe) und Luftfahrzeuge (Flugzeuge) sowie unbenannte Fahrzeuge.
Für die Beförderung von Fahrzeugen auf der Straße müssen laut ADR die Sondervorschriften (SV) 388, 666, 667 und 669 beachtet werden:
SV 388 befasst sich mit der Definition, was mit UN 3166 und 3171 gemeint ist:
„Die Eintragungen der UN-Nummer 3166 gelten für Fahrzeuge, die durch Verbrennungsmotoren oder Brennstoffzellen mit entzündbarer Flüssigkeit oder entzündbarem Gas angetrieben werden. […]
Diese Eintragungen schließen elektrische Hybridfahrzeuge ein, die sowohl durch einen Verbrennungsmotor als auch durch Nassbatterien, Natriumbatterien, Lithium-Metall-Batterien oder Lithium-Ionen-Batterien angetrieben und mit diesen Batterien im eingebauten Zustand befördert werden. […]
Die Eintragung der UN-Nummer 3171 gilt nur für Fahrzeuge, die durch Nassbatterien, Natriumbatterien, Lithium-Metall-Batterien oder Lithium-Ionen-Batterien […] und mit diesen Batterien im eingebauten Zustand befördert werden.“
Hier wird ebenfalls definiert was überhaupt Fahrzeuge sind:
„«Fahrzeuge» im Sinne dieser Sondervorschrift sind selbstfahrende Geräte, die für die Beförderung einer oder mehrerer Personen oder von Gütern ausgelegt sind. Beispiele solcher Fahrzeuge sind Personenkraftwagen, Motorräder, Motorroller, Drei- oder Vierradfahrzeuge oder -motorräder, Lastkraftwagen, Lokomotiven, Fahrräder (mit Motor) oder andere Fahrzeuge dieser Art (z.B. selbstausbalancierende Fahrzeuge oder Fahrzeuge, die nicht mit mindestens einer Sitzgelegenheit ausgerüstet sind), Rollstühle, Aufsitzrasenmäher, selbstfahrende Landwirtschaftsgeräte und Baumaschinen, Boote und Flugzeuge. Dies schließt Fahrzeuge ein, die in einer Verpackung befördert werden.“
Für Fahrzeuge mit Lithiumbatterien muss beachtet werden, dass die Lithiumbatterien dem Absatz 2.2.9.1.7 ADR entsprechen müssen. Das heißt, dass u.a. die Batterien die Anforderungen alle Prüfungen des Handbuchs Prüfung und Kriterien Teil III Unterabschnitt 38.3 erfüllen müssen. Dies wird in der Prüfzusammenfassung des Herstellers oder Vertreibers dokumentiert.
Was ist mit den übrigen Gefahrgütern wie Feuerlöscher, Benzin, Diesel und Airbags, die ebenfalls Gefahrgüter sind, wenn sie in den Fahrzeugen eingebaut sind? Auch das regelt die Sondervorschrift 388: Gefährliche Güter wie Batterien, Airbags, Feuerlöscher, Druckgasspeicher, Sicherheitseinrichtungen und andere integrale Bauteile des Fahrzeugs, die für den Betrieb des Fahrzeugs oder für die Sicherheit seines Bedienpersonals oder der Fahrgäste erforderlich sind, müssen sicher im Fahrzeug eingebaut sein und unterliegen nicht den übrigen Vorschriften des ADR. Gefahrgüter die als Ladung befördert werden, sind damit also nicht gemeint.
SV 666 befasst sich mit den Erleichterungen:
„Als Ladung beförderte Fahrzeuge oder batteriebetriebene Geräte, auf die in der Sondervorschrift 388 Bezug genommen wird, sowie die in ihnen enthaltenen gefährlichen Güter, die für ihren Betrieb oder den Betrieb ihrer Einrichtungen dienen, unterliegen nicht den übrigen Vorschriften des ADR, wenn folgende Vorschriften erfüllt sind […]“ U.a. müssen bei Fahrzeugen mit flüssigen Brennstoffen die Ventile zwischen dem Motor und dem Brennstoffbehälter geschlossen sein. Bei gasförmigen Treibstoffen muss das Ventil zwischen Gastank und Motor geschlossen und der elektrische Kontakt unterbrochen sein. Metallhydridsysteme müssen von der Behörde zugelassen sein.
Wenn alle Voraussetzungen der Sondervorschrift 666 erfüllt sind, unterliegen Fahrzeuge also nicht den Vorschriften des ADR, sondern nur noch den Bedingungen der SV 666. Das heißt aber nicht, dass sie kein Gefahrgut mehr sind. Da Fahrzeuge nach wie vor eine UN-Nummer haben und als Gefahrgut befördert werden müssen, müssen laut SV 666 die Bedingungen der SV 666 eingehalten werden. U.a. sind das folgende Bedingungen
Die Ventile zwischen Motor und Brennstoffbehältern müssen geschlossen werden. Das gilt jedoch nicht, wenn Fahrzeuge frei von Brennstoffen sind, also wenn die Brennstoffbehälter entleert sind und das Fahrzeug wegen Brennstoffmangels nicht betrieben werden kann. Brennstoffleitungen, Einspritzventile und Filter brauchen also nicht gereinigt werden.
Bedeutung für batteriebetriebene Fahrzeuge:
Wer die Voraussetzungen für batteriebetriebene Fahrzeuge in der Sondervorschrift 666 sucht, wird sich wundern, dass er keine findet. Dieser Eindruck ist richtig, denn hier sind tatsächlich keine Voraussetzungen aufgeführt. Batteriebetriebene Fahrzeuge UN 3171 unterliegen ohne Voraussetzungen nicht dem ADR, außer denen, die in Sondervorschrift 388 genannt werden. Die Lithiumbatterie muss 2.2.9.1.7 ADR entsprechen.
SV 667 regelt die Beförderung von Batteriefahrzeugen mit Lithiumbatterien, die noch Prototypen oder beschädigt sind.
SV 669 regelt die Beförderung von Anhängern mit Stromgeneratoren.
Für als Ladung beförderte Fahrzeuge, die in und auf Seeschiffen befördert werden, müssen die Sondervorschriften 388, 961 und 962 beachtet werden. Für Fahrzeuge UN 3166 muss zusätzlich die Sondervorschrift 356 und für UN 3171 die Sondervorschrift 971 beachtet werden.
SV 356 regelt die Fahrzeuge mit Metallhydrid-Speichersysteme.
SV 388 ist fast identisch mit der aus dem IMDG-Code. Einzige Ausnahme: bei verbauten Lithiumbatterien in batteriebetriebenen Fahrzeugen wird nicht vorgeschrieben, dass sie 2.9.4 IMDG-Code entsprechen müssen (letzter Satz). Diese Forderung steht aber in SV 961 und SV 962. Siehe unten.
SV 961 schreibt weitere Bedingungen vor, hat aber auch Erleichterungen zu bieten: Fahrzeuge unterliegen nicht den übrigen Vorschriften dieses IMDG-Codes, wenn eine der folgenden Bedingungen erfüllt ist. Das heißt, dass in diesen Fällen die Vorschriften über Bezettelung, Kennzeichnung und Plakatieren nicht angewendet werden brauchen. Es ist ebenfalls nicht erforderlich, ein Beförderungspapier für den Seeverkehr (IMO-Erklärung) zu erstellen:
SV 962 schreibt die Bedingungen vor, wenn nicht die Bedingungen aus SV 961 eingehalten werden können. Wegen der Problematik des Ablassens des Treibstoffes wird in der Praxis SV 962 angewendet:
Wie erläutert, ist die Beförderung von Fahrzeugen also immer eine Beförderung von Gefahrgut, auch wenn Erleichterungen oder Befreiungen für die Landbeförderung in Anspruch genommen werden können. Für die Beförderung mit einem Seeschiff sind Erleichterungen nicht immer möglich. Da bei der Beförderung mit dem Seeschiff fast immer auch eine Landbeförderung vorausgeht oder im Anschluss durchgeführt werden muss, müssen mehr als ein Regelwerk beachtet werden.
Gernot Severin | Gefahrgut-Experte
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