Gefahrgut

Eine Frage so alt wie die Funktion selbst – Wann muss ein Gefahrgutbeauftragter bestellt werden?

Der Gefahrgutbeauftragte nimmt im betrieblichen Sicherheitssystem bei der Beförderung von gefährlichen Gütern eine übergeordnete Rolle ein. Er soll darauf hinwirken, dass den beteiligten Personen ausreichende Kenntnisse über ihre Pflichten und Verantwortlichkeiten nach den Gefahrgutvorschriften vermittelt werden und durch deren sachgerechte Anwendung das Gefahrenpotential der Güter minimiert wird.

4 Min.

29.04.2020

Bestellung eines Gefahrgutbeauftragten

Die „Verordnung über die Bestellung von Gefahrgutbeauftragten in Unternehmen“ (Gefahrgutbeauftragtenverordnung, GbV) wurde am 19. Dezember 1989 verkündet und trat am 1. Oktober 1991 in Kraft. 1999 wurde die Gefahrgutbeauftragtenprüfung eingeführt und die Bestellung eines Gefahrgutbeautragten in den Unternehmen Pflicht. Seitdem wird immer wieder die Frage nach der Notwendigkeit eines Gefahrgutbeauftragten gestellt.

Das sagt die Gefahrgutbeauftragtenverordnung (GbV)

Gemäß § 3 der GbV müssen Unternehmer oder Inhaber eines Betriebes, die an der Beförderung gefährlicher Güter mit Eisenbahn-, Straßen- oder Wasserfahrzeugen beteiligt sind, mindestens einen Gefahrgutbeauftragten schriftlich bestellen.

Gefährliche Güter sind Stoffe und Gegenstände, von denen aufgrund ihrer Natur, ihrer Eigenschaften oder ihres Zustandes im Zusammenhang mit der Beförderung Gefahren für die öffentliche Sicherheit, für die Allgemeinheit, für Leben und Gesundheit von Menschen sowie für Tiere, der Natur und anderen Sachen ausgehen können.

Das bedeutet aber auch, dass nicht nur Unternehmen, die Gefahrgut befördern, einen Ge-fahrgutbeauftragten bestellen müssen, sondern auch solche Unternehmen, die mit gefährlichen Gütern handeln, sie lagern, übergeben oder verpacken, sofern sie nicht unter die Befreiungen von der Bestellpflicht gem. § 2 der GbV fallen.

Befreiungen von der Bestellung eines Gefahrgutbeauftragten

Wie so oft gibt es allerdings auch Ausnahmen von der Regel. So gelten die Vorschriften der GbV nicht für Unternehmen

  1. denen ausschließlich Pflichten als Fahrzeugführer, […] Schiffsführer, […] Empfänger, Reisender, Hersteller und Rekonditionierer von Verpackungen, […] und als Stelle für Inspektionen und Prüfungen von IBC zugewiesen sind. (Anmerkung d.V.: Das bedeutet, dass bestimmte Pflichten- und Verantwortlichenkreise befreit sind.) 
  2. denen ausschließlich Pflichten als Auftraggeber des Absenders zugewiesen sind und die an der Beförderung gefährlicher Güter von nicht mehr als 50 Tonnen netto je Kalenderjahr beteiligt sind, ausgenommen radioaktive Stoffe der Klasse 7 und gefährliche Güter der Beförderungskategorie 0 nach Absatz 1.1.3.6.3 ADR (Anmerkung d.V.: Es sind die Ausnahmen für die Klasse 7 und die Beförderungskategorie 0 zu beachten.)
  3. denen ausschließlich Pflichten als Entlader zugewiesen sind und die an der Beförderung gefährlicher Güter von nicht mehr als 50 Tonnen netto je Kalenderjahr beteiligt sind (Anmerkung d.V.: Entlader ist die Person, die tatsächlich physisch entlädt.)
  4. deren Tätigkeit sich auf die Beförderung gefährlicher Güter erstreckt, die von den Vorschriften des ADR/RID/ADN/IMDG-Code freigestellt sind (Anmerkung d.V.: z.B. Freistellung über Sondervorschriften, wie SV 188 bei der Beförderung von Lithiumbatterien.)
  5. deren Tätigkeit sich auf die Beförderung gefährlicher Güter im Straßen-, Eisenbahn-, Binnenschiffs- oder Seeverkehr erstreckt, deren Mengen die in Unterabschnitt 1.1.3.6 ADR festgelegten höchstzulässigen Mengen nicht überschreiten (Anmerkung d.V.: Gilt nur für die Beförderung in Versandstücken und für nicht kennzeichnungspflichtige Transporte.)
  6. deren Tätigkeit sich auf die Beförderung gefährlicher Güter erstreckt, die nach den Bedingungen des Kapitels 3.4 und 3.5 ADR-/RID-/ADN-/IMDG-Code freigestellt sind (Anmerkung d.V.: Hier handelt es sich um LQ und EQ Versandstücke.) 
  7. die gefährliche Güter von nicht mehr als 50 Tonnen netto je Kalenderjahr für den Eigenbedarf in Erfüllung betrieblicher Aufgaben befördern, wobei dies bei radioaktiven Stoffen nur für solche der UN-Nummern 2908 bis 2911 gilt (Anmerkung d.V.: Diese Freistellung ist analog mit der Handwerkerregelung zu betrachten.)

Die Befreiungstatbestände, wie oben dargestellt, können auch nebeneinander in Anspruch genommen werden.

(d.V. = des Verfassers dieses Artikels)

Willi Weßelowscky | Gefahrgut-Experte

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Durch betriebliche Umorganisation, Produktionsänderung, usw. können Veränderungen eintreten, die sich unmittelbar auf die Gefahrgutorganisation im Unternehmen auswirken können. Es könnte über Nacht die Pflicht zur Bestellung eines Gefahrgutbeauftragten entstehen, wenn z.B. nicht nur mehr ausschließlich Gefahrgüter in sogenannten „Begrenzten Mengen“ befördert werden, sondern in kennzeichnungspflichtige Beförderungseinheiten verladen wird. Aus diesem Grund sind Veränderungen in der Ablauforganisation immer hinsichtlich ihrer Auswirkungen in der Aufbauorganisation eines Unternehmens zu beleuchten.

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