Gefahrgut

Kapitel 1.10 ADR: Vorschriften für die Sicherung von Gefahrgütern

Die terroristischen Anschläge des 11. September 2001 haben die Transportwelt verändert und sich nachhaltig auf die Gefahrgutbeförderung ausgewirkt. Seit dem 1. Januar 2005 ist die Anwendung von Sicherungsvorschriften für die an der Gefahrgutbeförderung Beteiligten verbindlich. Diese reichen von allgemeinen bis hin zu besonderen Maßnahmen, wie der Erstellung eines Sicherungsplans.  

7 Min.

26.09.2023

Definition „Sicherung“

Was versteht man unter der „Sicherung“ von Gefahrgütern? Das ADR selbst gibt für diesen Begriff eine Legaldefinition. Unter „Sicherung“ versteht man „die Maßnahmen oder Vorkehrungen, die zu treffen sind, um

- den Diebstahl oder

- den Missbrauch

gefährlicher Güter, durch den

- Personen

- Güter oder

- die Umwelt

gefährdet werden können zu minimieren.“

Durch die „Sicherung“ soll der unbefugte Zugriff Dritter auf die Gefahrgüter verhindert werden. Demgegenüber steht der Begriff der „Sicherheit“, unter dem im Zusammenhang mit der Gefahrgutbeförderung der Zustand der Risiko- und Gefahrenfreiheit für den Transport zu verstehen ist.  

Allgemeine Vorschriften

Wer sind die Adressaten dieser „Sicherungsvorschriften“ und was ist der allgemeine Regelungsinhalt?

Die Adressaten sind alle an der Beförderung beteiligten Personen. Sie müssen entsprechend ihren Verantwortlichkeiten, wie z. B. Absender, Verlader, Fahrzeugführer, usw. die Sicherungsvorschriften beachten.

Die Beachtung der Sicherungsvorschriften nach Kapitel 1.10 ADR ist nicht erforderlich, falls eine Beförderungsbeteiligung u. a. an dem Versand von Gefahrgütern im Rahmen

  • der Begrenzten Mengen nach Kapitel 3.4 ADR
  • der Freigestellten Mengen nach Kapitel 3.5 ADR
  • der Freimengenregelung nach Kapitel 1.1.3.6 ADR (sogenannte 1000 Punkte Regelung), unter Berücksichtigung der in 1.1.3.6.2 ADR genannten Gefahrgüter

vorliegt.

In der Regel dann, wenn die zu verladenden Fahrzeuge keiner Kennzeichnungspflicht mit orangefarbenen Warntafeln unterliegen.

Kommen die Sicherungsvorschriften zur Anwendung, beschreiben die „Allgemeinen Vorschriften“ des Kapitels 1.10 ADR die zu erfüllenden Anforderungen. Diese sind Folgende:

  • Feststellung der Identität der Beförderer in geeigneter Weise vor Übergabe des Gefahrguts zur Beförderung.
  • Bereiche innerhalb von Terminals,
  • Plätzen,
  • Fahrzeugdepots,
  • Liegeplätzen und
  • Rangierbahnhöfen,

die für das zeitweilige Abstellen von Gefahrgütern während der Beförderung verwendet werden, müssen

  • ordnungsgemäß gesichert
  • gut beleuchtet
  • für die Öffentlichkeit unzugänglich sein, soweit dies möglich und angemessen ist.

 

Weiterhin haben die Mitglieder von Fahrzeugbesatzungen während der Beförderung einen Lichtbildausweis mitzuführen.

Die behördlichen Gefahrgutkontrollen, sowie die Überprüfung der Beförderungseinheiten und der Fahrzeugbesatzung bei Ankunft am Be- und Entladeort, z. B. durch den Verlader oder Entlader, müssen sich auch auf angemessene Maßnahmen für die Sicherung erstrecken.

Darüber hinaus muss die zuständige Behörde Verzeichnisse über alle gültigen Schulungsbescheinigungen für Fahrzeugführer führen, sobald diese durch sie oder andere anerkannte Stellen ausgestellt wurden.

Unterweisung im Bereich der Sicherung

Für alle an der Gefahrgutbeförderung Beteiligten ist nach Kapitel 1.3 ADR vor Aufnahme der Tätigkeit eine aufgaben- und sicherheitsbezogene Unterweisung durchzuführen und in regelmäßigen Abständen aufzufrischen.

Diese Unterweisung muss auch Bestandteile beinhalten, die die Beteiligten gegenüber der Sicherung sensibilisieren und muss nicht notwendigerweise mit Änderung der Vorschriften zusammenhängen.

Eine Unterweisung zur Sicherung muss Folgendes beinhalten:

  • Darstellung der Art der Sicherungsrisiken,
  • deren Erkennung und
  • die Verfahren zur Risikoverringerung, sowie
  • die zu ergreifenden Maßnahmen bei Sicherungsbeeinträchtigung.

 

Bestehen Sicherungspläne nach Unterabschnitt 1.10.3.2 ADR, muss die Unterweisung Kenntnisse entsprechend dem Arbeits- und Verantwortungsbereich des Einzelnen und dessen Rolle bei der Umsetzung der Pläne vermitteln.

Die Beschreibungen der Unterweisungen sind vom Arbeitgeber für den von der Behörde festgelegten Zeitraum aufzubewahren und der*dem Arbeitnehmer*in oder der zuständigen Behörde auf Verlangen zur Verfügung zu stellen.

Gefährliche Güter mit hohem Gefahrenpotential

Besondere Maßnahmen sind bei den Beförderungsbeteiligten von Gefahrgütern mit hohem Gefahrenpotenzial umzusetzen.

Gefahrgütern mit hohem Gefahrenpotenzial sind solche, bei denen

  • die Möglichkeit eines Missbrauchs zu terroristischen Zwecken und damit die Gefahr schwerwiegender Folgen wie
  • der Verlust zahlreicher Menschenleben,
  • massive Zerstörungen oder
  • insbesondere bei radioaktiven Stoffen, tiefgreifende sozioökonomische Veränderungen

bestehen.

Die gefährlichen Güter mit hohem Gefahrenpotenzial sind in der Tabelle 1.10.3.1.2 ADR aufgeführt. Die Bedingungen unter denen Gefahrgüter der Klasse 7 als mit hohem Gefahrenpotenzial gelten, sind in Unterabschnitt 1.10.3.1.3 ADR aufgeführt.

Die Besonderheit bei der Beförderung der in diesem Teil des Artikels genannten Gefahrgüter besteht in der Erstellung von Sicherungsplänen durch die Beteiligten. Die Sicherungspläne müssen mindestens die in Unterabschnitt 1.10.3.2.2 ADR aufgeführten Elemente beinhalten, im Unternehmen eingeführt und tatsächlich angewendet werden.

Sicherungsplanpflichtig sind als Hauptbeteiligte an der Beförderung

  • Absender,
  • Beförderer,
  • Empfänger

sowie als andere Beteiligte

  • Verlader,
  • Verpacker,
  • Befüller,
  • Betreiber eines Tankcontainers oder eines ortsbeweglichen Tanks,
  • Entlader.

Zum Ende des Kapitels 1.10 ADR wird der Diebstahlschutz von Fahrzeugen, die die beschriebenen Gefahrgüter befördern und deren Transportverfolgbarkeit durch den Einsatz von Telemetriesystemen oder ähnlichem, besonders hervorgehoben.

Willi Weßelowscky | Gefahrgut-Experte

Unsere Empfehlung

Der Fokus der Beförderungsbeteiligten muss immer auf den Aspekt der Sicherung gerichtet sein, auch wenn in dem jeweiligen Unternehmen bis dato noch nie etwas passiert ist. Pflicht des Unternehmens ist die Sensibilisierung der Mitarbeitenden durch Unterweisungen aufrecht zu erhalten. Sowie die ständige Überprüfung, ob sich am Bestand der Gefahrgüter etwas geändert hat, was die Anpassung der Sicherungsmaßnahmen erforderlich macht.

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