Gefahrgut

Neuerungen im Gefahrgutrecht 2020 – Auslaufende Übergangsvorschriften (ARD/RID) und der IMDG-Code 39-18

ARD/RID werden zwar nicht neu herausgegeben, dennoch kommt es Anfang 2020 zu Veränderungen, denn es laufen einige Übergangsfristen aus. Gleichzeitig darf der IMDG-Code 38-16 ab 01.01.2020 nicht mehr angewendet werden.

8 Min.

12.12.2019

ADR/RID

Bis zum 30.06.2019 durfte die Beförderung gefährlicher Güter noch nach der bis zum 31.12.2018 geltenden Fassung durchgeführt werden. Bei einigen Regelungen konnten jedoch längere Übergangsfristen in Anspruch genommen werden.

1.6.1.45 ADR: Das Muster für Schulungsbescheinigungen, das bis zum 31.12.2018 verwendet werden durfte, darf auch weiterhin bis zum 31.12.2020 weiter genutzt werden.

1.6.1.47 ADR: Lithiumzellen und -batterien, welche die Vorschriften des Absatzes 2.2.9.1.7 g) nicht erfüllen, dürfen bis zum 31. Dezember 2019 weiterbefördert werden. Am dem 01.01.2020 müssen Hersteller und Vertreiber die im Handbuch und Kriterien Teil III Unterabschnitt 38.3 Absatz 38.3.5 festgelegten Prüfungszusammenstellung zur Verfügung stellen. An dieser Stelle möchte ich auf das von der UMCO erstellte Formular hinweisen, dass für diesen Zweck verwendet werden kann.

1.6.5.4 ADR: Hinsichtlich des Baus der Fahrzeuge EX/II, EX/III, FL und AT bleiben die Vorschriften des Teils 9, die bis zum 31.12.2018 in Kraft waren, bis zum 31.03.2020 anwendbar. Es handelt sich hierbei im Wesentlichen um die Regelung aus dem ADR 2015, die bis zum 31.12.2018 verlängert wurden

6.2.3.1 und 6.2.3.4 ADR: Die Baumusterzulassung EN 12245:2002 für „Ortsbewegliche Gasflaschen – Vollumwickelte Flaschen aus Verbundwerkstoffen“ wird am 31.12.2019 endgültig für alle Gasflaschen zurückgezogen. Das gleiche gilt für EN 12245:2009 + A1:2011

IMDG-Code

Am 01.01.2020 tritt der IMDG-Code 39-18 offiziell in Kraft. Er durfte bereits seit dem 01.01.2019 freiwillig angewendet werden. Ab dem 01.01.2020 darf nunmehr der IMDG-Code 38-16 nicht mehr angewendet werden. Die wesentlichen Änderungen haben wir nachfolgende für Sie zusammengefasst.

Stauung

  • Bei allen n.a.g.-Eintragungen, bei denen der richtige technische Name durch das Wort „STABILISIERT“ zu ergänzen ist, sind die Staukategorie D und die Stauanweisung SW1 zu beachten. Somit gelten für diese Güter immer die Stauvorschriften „nur an Deck“ und „geschützt vor Wärmequellen“, ungeachtet welche Angabe in der Gefahrgutliste bezüglich einer bestimmten UN-Nummer steht.
  • Bei vielen Gegenständen der Unterklassen 1.1, 1.2 und 1.3 in den Verträglichkeitsgruppen C, D, E und F werden die bisherigen Staukategorien 05 und 04 in die Staukategorie 03 geändert.

Trennung

  • Es wurde die Trenngruppen aus Unterabschnitt 3.1.4.4 in die Spalte 16b der Gefahrgutliste aufgenommen. Somit können jetzt alle Informationen zu den Trenncodes und den Trenngruppen an einer Stelle gefunden werden, was die Suche nach der richtigen Trennung stark vereinfacht.
  • Im Kapitel 7.2 wurde der Unterabschnitt 7.2.5.2 hinzugefügt. In der neuen Tabelle wurden alle Trenngruppencodes mit aufgenommen. Die Trenngruppencodes werden als SGG1 bis SGG18 bezeichnet, was den Trenngruppen 1 bis 18 entspricht.
  • In der Tabelle 7.2.8 wurde der Trenncode SG1 geändert. Der Satz „In Bezug auf Stoffe der Klasse 1 jedoch Trennung wie für die Hauptgefahr.“ wurde neu hinzugefügt. Somit müssen Gefahrgüter, für die SG1 vorgeschrieben ist, ab jetzt zur Hauptgefahr des Klasse 1 Stoffes getrennt werden und nicht mehr zur Klasse 1.3.
  • In der gleichen Tabelle wurden die neuen Trenncodes SG76 bis SG78 für radioaktive Stoffe neu aufgenommen. Davon sind UN 2977, UN 2978 und UN 3507 (Radioaktiver Stoff mit der Hauptgefahr Klasse 6.1) betroffen. Hier wurde der Tatsache Rechnung getragen, dass diese Stoffe mehr als eine Nebengefahr besitzen.
  • Die Tabelle 7.2.6.3.4 wurde in Kapitel 7.2 neu eingefügt. Mit Ausnahme von UN 3545 und PERESSIGSÄUREN müssen organische Peroxide jetzt nicht mehr untereinander getrennt werden, egal ob sie eine Sekundärgefahr der Klasse 1 oder Klasse 8 besitzen. Außerdem brauchen diese Stoffe ebenfalls zu UN 1325 „FLAMMABLE SOLID, ORGANIC, N.O.S.“ 4.1 Vp. II nicht getrennt zu werden.
  • Für viele Alkalien, die bisher von Säuren getrennt werden mussten, wurde eine zusätzliche Trennung von Chlor eingefügt (SG46).
  • Für alle Säuren außer UN 2225 und UN 2496, die bisher nicht von Alkalien getrennt werden müssten, wird die Trennvorschrift SG36 „getrennt von Alkalien“ eingefügt.
  • Für viele Stoffe wurde die Trennvorschrift SG49 „getrennt von Cyaniden“ eingefügt. Bisher ergab sich die Trennanforderung zu Säuren nur aus den jeweiligen Eintragungen der Alkalien und Cyanide. Umgekehrt war bei den Eintragungen für die Säuren eine erforderliche Trennung von Cyaniden bzw. Alkalien nicht zu erkennen.

2.0.6 IMDG-Code

Dieser Abschnitt widmet sich der Klassifizierung von Gegenständen, die gefährliche Güter enthalten. Ein in diesem Zusammenhang beförderter Gegenstand ist eine Maschine, ein Gerät oder eine andere Einrichtung. Dazu wurden in der Gefahrgutliste 12 neue UN-Nummern aufgenommen.

12 neue UN-Nummern für Gegenstände

 

UN-Nr.Richtiger technischer NameKlasseZusatz- gefahrVerpa- ckungs- gruppeSonder-vorschriften
3537GEGENSTÄNDE, DIE ENTZÜNDBARES GAS ENTHALTEN, N.A.G.2,.1Siehe 2.0.6.6-274 391
3538GEGENSTÄNDE, DIE NICHT ENTZÜNDBARES, NICHT GIFTIGES GAS ENTHALTEN, N.A.G.2.2Siehe 2.0.6.6-274 391
3539GEGENSTÄNDE, DIE GIFTIGES GAS ENTHALTEN, N.A.G.2.3Siehe 2.0.6.6-274 391
3540GEGENSTÄNDE, DIE EINEN ENTZÜNDBAREN FLÜSSIGEN STOFF ENTHALTEN, N.A.G.3Siehe 2.0.6.6-274 391
3541GEGENSTÄNDE, DIE EINEN ENTZÜNDBAREN FESTEN STOFF ENTHALTEN, N.A.G.4.1Siehe 2.0.6.6-274 391
3542GEGENSTÄNDE, DIE EINEN SELBSTENTZÜNDLICHEN STOFF ENTHALTEN, N.A.G.4.2Siehe 2.0.6.6-274 391
3543GEGENSTÄNDE, DIE EINEN STOFF ENTHALTEN, DER IN BERÜHRUNG MIT WASSER ENTZÜNDBARE GASE ENTWICKELT, N.A.G.4.3Siehe 2.0.6.6-274 391
3544GEGENSTÄNDE, DIE EINEN ENTZÜNDEND (OXIDIEREND) WIRKENDEN STOFF ENTHALTEN, N.A.G.5.1Siehe 2.0.6.6-274 391
3545GEGENSTÄNDE, DIE ORGANISCHES PEROXID ENTHALTEN, N.A.G.5.2Siehe 2.0.6.6-274 391
3546GEGENSTÄNDE, DIE EINEN GIFTIGEN STOFF ENTHALTEN, N.A.G.6.1Siehe 2.0.6.6-274 391
3547GEGENSTÄNDE, DIE EINEN ÄTZENDEN STOFF ENTHALTEN, N.A.G.8Siehe 2.0.6.6-274 391
3548GEGENSTÄNDE, DIE VERSCHIEDENE GEFÄHRLICHE GÜTER ENTHALTEN, N.A.G.9Siehe 2.0.6.6-274 391

Neue UN-Nummer für Gegenstände

Eine neue UN-Nummer „GIFTIGER ANORGANISCHER FESTER STOFF, ENTZÜNDBAR, N.A.G.“ UN 3535 wurde eingefügt.

Eine neue UN-Nummer „LITHIUMBATTERIEN, IN GÜTERBEFÖRDERUNGSEINHEITEN EINGEBAUT“, UN 3536 wurde eingefügt.

2.0.4.3 IMDG-Code Proben energetischer Stoffe für Prüfzwecke

Proben organischer Stoffe, die funktionelle Gruppen enthalten, die in den Tabellen A6.1 und/oder A6.3 in Anhang 6 (Screening Procedures – Voruntersuchungen) des Handbuchs Prüfungen und Kriterien aufgeführt sind, dürfen unter UN 3224 (Selbstzersetzlicher Stoff Typ C, fest) bzw. UN 3223 (Selbstzersetzlicher Stoff Typ C, flüssig) der Klasse 4.1 befördert werden.

2.3.2.2 und 2.3.2.5 IMDG-Code

Die maximale Größe für Verpackungen, bei denen die Viskositätsregelungen angewendet werden dürfen, wurden von 30 auf 450 Liter erhöht.

Bemerkung unter 2.4.2.5.2 IMDG-Code

Neuer Eintrag „Stoffe, die den Kriterien eines polymerisierenden Stoffes und darüber hinaus den Kriterien für eine Aufnahme in die Klassen 1 bis 8 entsprechen, unterliegen den Vorschriften der Sondervorschrift 386 des Kapitels 3.3.“ Diese Bemerkung wurde eingefügt, um ein Unglück wie an Bord der „MSC Flaminia“ zu verhindern.

2.8 IMDG-Code Klasse 8 wurde geändert

Die Klassifizierung für ätzende Stoffe wurde komplett überarbeitet. In der Zuordnung der Verpackungsgruppen wird der Ausdruck „Zubereitung“ durch „Gemische“ und in der zusammenfassenden Darstellung der Kriterien der Ausdruck „Zerstörung“ durch „irreversible Schädigung“ ersetzt. Der Abschnitt 2.8.4 ist neu hinzugekommen. Hier werden alternative Methoden für die Zuordnung von Gemischen zu Verpackungsgruppen und dem schrittweisen Vorgehen, eingeführt.

2.9.4 IMDG-Code

Im Abschnitt für Lithiumbatterien ist Punkt .6 und .7 unten angesetzt worden. In Punkt .6 wird geregelt, welchen Vorschriften Lithiumbatterien, Lithium-Metall-Primärzellen und wiederaufladbare Lithium-Ionen-Zellen entsprechen müssen. In Punkt .7 wird der Hersteller und Vertreiber verpflichtet, die Prüfzusammenfassung zur Verfügung zu stellen (siehe dazu gleiche Vorschrift in 2.2.9.1.7 g) ADR/RID). An dieser Stelle möchte ich auf das von der UMCO erstellte Formular hinweisen, dass für diesen Zweck verwendet werden kann.

3.3 IMDG-Code Änderungen der Sondervorschriften

Folgende Sondervorschriften sind geändert worden:

Sondervorschrift:Auswirkung auf UN-Nummer:
291327, 1363, 1364, 1365, 1374, 1386, 1386, 1856, 2216, 2217 und 2698
1883090, 3091, 3480, 3481
1932071
2513316
2931331, 1944, 1945, 2254
3013363
3072097
3082216
3103090, 3091, 3480, 3481
3633528, 3529, 3530
3773090, 3091, 3480, 3481
3843090, 3091, 3480, 3481
9071374, 2216
9613166, 3171
9623166, 3171
9633496
9723528, 3529, 3530

Folgende Sondervorschriften sind neu hinzugekommen:

Sondervorschrift:Auswirkung auf UN-Nummer:
3873090, 3091, 3480, 3481
3883166, 3171
3893536
3913537, 3538, 3539, 3540, 3541, 3542, 3543, 3544, 3545, 3546, 3547, 3548
3921011, 1049, 1075, 1954, 1965, 1969, 1971, 1978
3931327, 1363, 1364, 1365, 1386, 1386, 1856, 2216, 2217, 3360
3941016, 1046, 1049, 1971

Folgende Sondervorschriften sind gestrichen worden:

Sondervorschrift:Auswirkung auf UN-Nummern:
1862067, 2071
240 ist durch 388 ersetzt worden3171
312 ist durch 388 ersetzt worden3166
380 ist durch 388 ersetzt worden3166
385 ist durch 388 ersetzt worden3166
945 ist durch 308 ersetzt worden2216

4.1 IMDG-Code Verpackungsanweisungen:

Folgende Verpackungsanweisungen haben sich geändert: P001, P101, P200, P206, P403, P410, P520, P602, P801, P901, P902, P903, P906, P907, P908, P909, P910, IBC08, IBC 520, LP902, LP903, LP904

Folgende Verpackungsanweisungen sind hinzugekommen:

  • P006 und LP03 für Gegenstände mit gefährlichen Gütern
  • P911 und LP906 für beschädigte Lithiumbatterien
  • LP905 für Prototypen und kleine Produktionsserien von Lithiumbatterien

6.8.3.4 IMDG-Code

Ein neuer Unterabschnitt 6.8.3.4 für Straßen-Gaselemente-Fahrzeuge für verdichtete Gase der Klasse 2 wurde eingesetzt. Diese Fahrzeuge dürfen im Seeverkehr nur auf kurzen internationalen Seereisen befördert werden. Die gesamte Seereise darf nicht mehr länger als 600 Seemeilen sein und die weiteste Entfernung zu einem Nothafen darf 200 Seemeilen nicht mehr überschreiten.

7.3.7 IMDG-Code

Im Kapitel für die Güterbeförderungseinheiten unter Temperaturkontrolle wurden neue Unterabschnitte für die Beförderung von selbstzersetzlichen Stoffen, organischen Peroxiden und polymerisierenden Stoffen eingesetzt.

Hinweis

Weitere wichtige Informationen zu Gesetzen und Verordnungen für die Beförderung von Gefahrgut im Seeverkehr finden Sie auf der Internetseite des Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI): https://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Artikel/G/Gefahrgut/gefahrgut-recht-vorschriften-seeschifffahrt.html

Gernot Severin | Gefahrgut-Experte

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