Gefahrgut

Urlaubsfahrt mit Reservekanistern – Unterwegs mit Gefahrgut?

Wer viel Treibstoff verbraucht, versucht die Kosten hierfür zu reduzieren. Hierzu gibt es verschiedene Methoden. Eine davon ist, möglichst viele Reservekanister an preiswerten Tankstellen zu befüllen. Allerdings gelten entzündbare Flüssigkeiten beim Transport mitunter als Gefahrgut. Was bedeutet das für Urlauber und welche Gefahrgutvorschriften müssen berücksichtigt werden? 

6 Min.

08.08.2024

 

Wer kennt das nicht? Sobald die Urlaubszeit naht, steigen die Treibstoffpreise. Bei einer langen Autofahrt zum Urlaubsort, kann die Urlaubskasse schnell schrumpfen. Deswegen tanken viele Kraftfahrer vor der Preiserhöhung schon einmal am Heimatort voll. Einige machen sogar noch ihre Reservekanister voll, damit möglichst weit gefahren werden kann, ohne zwischendurch den teuren Treibstoff an den Autobahntankstellen tanken zu müssen. Die Beförderung von entzündbaren Flüssigkeiten unterliegt allerdings den Gefahrgutvorschriften. Daher gilt es ein paar Dinge zu beachten.

Treibstoff ist Gefahrgut

Treibstoffe, sowohl Diesel als auch Benzin, sind nicht nur entzündbare Flüssigkeiten, sondern auch Gefahrgut, wenn sie befördert werden. Der Grund liegt im Flammpunkt, der beim Diesel um die 60 °C liegt und beim Benzin sogar bei -21 °C liegen kann. Bei Biodiesel, den es seit einigen Jahren nicht mehr zu tanken gibt, handelte es sich dagegen nicht um Gefahrgut, da hier der Flammpunkt bei ca. 100 °C liegt. Solange Treibstoffe in Fahrzeugtanks mitgeführt werden, sind sie vom Gefahrgutrecht ausgenommen. Der Treibstofftank darf allerdings nicht größer als 1.500 Liter Fassungsraum haben.

Treibstoff im Reservekanister

Werden Treibstoffe in Reservekanistern befördert, werden sie nicht unmittelbar verbraucht. Deswegen sind sie nicht, wie der Treibstoff in Treibstofftanks, vom Gefahrgutrecht freigestellt. Laut dem Regelwerk für die Beförderung von Gefahrgütern auf der Straße (ADR) und der Gefahrgutbeförderungsverordnung Straße, Eisenbahn und Binnenschiff (GGVSEB) unterliegt die Beförderung von flüssigen entzündbaren Gefahrgütern in Fahrzeugen grundsätzlich dem Gefahrgutrecht. Wird die Beförderung jedoch von Privatpersonen durchgeführt, unterliegen sie bis 240 Liter pro Fahrzeug und 60 Liter je Behälter nicht den Gefahrgutvorschriften. Zusätzlich zu dieser Menge dürfen weitere 60 Liter in tragbaren Brennstoffbehältern befördert werden. Voraussetzung ist, dass die Behälter ausreichend gegen Verrutschen und Umfallen gesichert werden und die Behälter während der Beförderung sicher verschlossen sind. Alle Mengen, die größer sind, müssen unter Beachtung der Gefahrgutvorschriften befördert werden. Diese Regelung, bei der insgesamt 300 Liter Benzin oder Diesel in Reservekanistern mitgeführt werden dürfen, gilt jedoch nur innerhalb Deutschlands.

Tanktourismus

Bei der Beförderung von Treibstoffen in Kraftstofftanks und in Reservekanistern über Landesgrenzen müssen zusätzlich weitere Regelungen beachten werden:

  • Örtliche Gefahrgutregelungen der Staaten und
  • Deutsches Steuerrecht

Andere Länder haben u. U. eigene Regeln für die Gefahrgutbeförderung bei Privatfahrten. Hier sollten Sie sich unbedingt vorher bei den Automobilclubs informieren. Beispielsweise ist es in Bulgarien, Griechenland, Kroatien, Luxemburg und Rumänien verboten, Reservekanister mitzunehmen.

Was Privatpersonen bei der Einfuhr von Kraftstoffen nach Deutschland zu beachten haben, schreibt die Zollbehörde vor: Werden Energieerzeugnisse privat aus einem Drittland eingeführt (zum Beispiel Benzin im Pkw-Kraftstofftank), gelten folgende Regelungen:

  • Kraftstoff, der sich in dem Hauptbehälter eines Fahrzeugs befindet, kann einfuhrabgabenfrei eingeführt werden.
  • Zusätzlich sind 10 Liter in einem tragbaren Reservekanister abgabenfrei, wenn der Kanister mit dem Pkw bzw. Kraftrad eingeführt wird.

Der abgabenfrei eingeführte Kraftstoff darf aber ausschließlich in dem Fahrzeug verwendet werden, mit dem er eingeführt wurde. Mit Drittland ist jedes Land gemeint, was zum Verbrauchsteuergebiet der Europäischen Union gehört.

Tank-Vergrößerungs-Trick

Wer nun glaubt, dass er seinem Fahrzeug einen größeren Tank einbauen könnte, muss mit einer Strafanzeige der Zollbehörde rechnen, wenn die Tankvergrößerung nur der „Steuereinsparung“ dient. Auch die Fahrt über die Grenze zum preiswerten Tanken kann als Steuerhinterziehung bewertet werden. Wird gezielt ausländischer Kraftstoff für Fahrten im Inland genutzt, um von den niedrigeren Preisen zu profitieren und werden zu diesem Zweck zusätzliche Behälter genutzt bzw. eingebaut, wird Energiesteuer festgesetzt. Gleichzeitig droht ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen Steuerhinterziehung.

Unterm Strich wird nichts eingespart

Soweit sich an alle Regeln gehalten wird, kann für Fahrten in Deutschland nichts eingespart werden. Die Fahrt mit einem zugelassenen und eingetragenen vergrößerten Tank und mit der maximal erlaubten Menge an Reservekanistern setzt eine Investition in die Technik voraus. Ähnlich wie beim nachträglichen Einbau eines Gastanks muss diese Investition erst einmal wieder eingefahren werden. Dies wiederum setzt eine hohe Kilometerleistung und hohe Standfestigkeit des Fahrzeugs voraus. Hinzu kommt, dass mit dem höheren Gewicht der Treibstoffverbrauch zunimmt. Darüber hinaus nimmt natürlich auch die mögliche Zuladung ab – was bei einem für die Ferien vollbeladenen Pkw nicht ganz unwichtig ist.

Einzige Ausnahme

Bei Booten, die privat genutzt werden, gibt es eine Ausnahme, die hier nicht unerwähnt bleiben sollte. Sie dürfen ein Boot im Ausland mit Heizöl betanken und damit nach Deutschland fahren. Dann darf das Heizöl in Deutschland verbraucht werden. Einzige Voraussetzung: Das Tanken des Boots mit Heizöl muss in dem ausländischen Land erlaubt sein.

Fazit: Es lohnt sich nicht

Um eine einmalige Urlaubsfahrt mit einem 10-Liter-Reservekanister anzutreten, muss dieser Kanister zunächst gekauft werden – Kosten hierfür etwa 7 bis 14 Euro. Dem steht eine Einsparung von maximal 31 Cent pro Liter (Slovenien) gegenüber. Bei 10 Litern sind das gerade einmal 3,10 Euro.

Gernot Severin | Gefahrgut-Experte

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