Umweltschutz

Die neue EU-Chemikalienstrategie − Stärkerer EU-Rechtsrahmen zur Bewältigung dringender Umwelt- und Gesundheitsprobleme

Die Europäische Kommission hat im Herbst letzten Jahres die mit Spannung erwartete, neue EU-Chemikalienstrategie veröffentlicht. Den ersten Teil der Strategie haben wir in unserem vorangegangenen Artikel Die neue EU-Chemikalienstrategie − Innovative Lösungen für sichere und nachhaltige Chemikalien behandelt. Die Zusammenfassung des zweiten Punktes „Stärkerer EU-Rechtsrahmen zur Bewältigung dringender Umwelt- und Gesundheitsprobleme“ stellen wir in diesem Artikel dar.

5 Min.

25.02.2021
Fluss mit Fragezeichen

Hintergrund zur Chemikalienstrategie

Die von der Europäischen Kommission (EC) vorgeschlagene chemische Strategie gliedert sich in fünf Teile:

  • innovative Lösungen für sichere und nachhaltige Chemikalien in der EU,
  • stärkerer EU-Rechtsrahmen zur Bewältigung dringender Umwelt- und Gesundheitsprobleme,
  • Vereinfachung und Konsolidierung des Rechtsrahmens,
  • eine umfassende Wissensbasis über Chemikalien und
  • Vorbild für ein weltweites verantwortungsvolles Chemikalienmanagement.

 

Der erste Punkt der Chemikalienstrategie, der in unserem Artikel Die neue EU-Chemikalienstrategie − Innovative Lösungen für sichere und nachhaltige Chemikalien zusammengefasst ist, stellt die Ziele der Strategie dar, nämlich den Schutz der Gesundheit der EU-Bürger sowie den Schutz der Umwelt. In diesem zweiten Artikel werden Ideen der Kommission für den rechtlichen Rahmen vorgestellt, um die Ziele der Strategie sicherzustellen.

Rechtsrahmen zum Schutz der Gesundheit

Millionen von Arbeitnehmern in der EU sind täglich schädlichen Chemikalien ausgesetzt. Um sicherzustellen, dass Verbraucherprodukte keine CMR-Stoffe (krebserzeugende, keimzellmutagene und reproduktionstoxische Stoffe) enthalten, möchte die Europäische Kommission (EC) das „allgemeine Konzept für das Risikomanagement“ erweitern. Dieses Konzept dient präventiv in allen Rechtsvorschriften (im Gegensatz zum Fall-zu-Fall spezifischen Risikobewertungen). Das Konzept soll auf andere schädliche Chemikalien ausgeweitet werden, z.B. für Chemikalien, die das Immun-, Atmungs- oder Nervensystem schädigen. Bis diese Maßnahme des „allgemeinen Konzeptes für das Risikomanagement“ vorhanden ist, möchte die EC die vorrangige Beschränkung dieser Chemikalien durch Gruppierung und nicht durch individuelle Regulierung vornehmen. Das heißt, dass ganze Stoffgruppen, die sich in der Struktur ähneln, gemeinsam beschränkt werden sollen.

Ein wichtiger und recht konkreter Punkt dieser Strategie ist es, endokrine Disruptoren mit rechtsverbindlichen Gefahrenkennzeichnungen zu versehen und diese Chemikalien in die Kategorie der besonders besorgniserregenden Stoffe aufzunehmen. Somit sollen EU-Bürger in der Lage sein, Produkte zu erkennen, die schädlich auf den menschlichen Hormonhaushalt wirken.

Die Diskussion um endokrine Disruptoren wird schon seit einigen Jahren geführt und das in vielen Rechtgebieten (REACH, Biozide, Pflanzenschutz usw.) Hier wäre eine Vereinheitlichung innerhalb der Rechtsbereiche sehr wünschenswert. Es benötigt genaue Definitionen, die in allen Rechtsgebieten gelten sowie Teststrategien und festgelegte Kriterien, mit denen sich ein endokriner Disruptor identifizieren lässt. Erst dann ist eine Gefahrenkennzeichnung sinnvoll, denn eine Änderung des GHS-Systems würde zu riesigen Aufwänden führen.

Ein weiteres Thema sind die Wechselwirkungen bei Gemischen. Bisher werden in REACH ausschließlich Stoffe getestet und bewertet. Aber die EU möchte seine EU-Bürger auch vor Gefahren bei Gemischen von Chemikalien schützen. Da Chemikalien jedoch einzeln und nicht in Kombination mit anderen Chemikalien bewertet werden, ist wenig bis gar nichts über ihre kombinierten Wirkungen bekannt. Um dies zu ändern, möchte die Kommission einen Weg finden, Extrapolationsfaktoren für Gemische zur Bewertung der chemischen Sicherheit in die REACH-Verordnung aufzunehmen. Die Kombinationseffekte von Chemikalien in anderen relevanten Rechtsvorschriften (Wasser, Kosmetika, Reinigungsmittel usw.) sollen stärker berücksichtigt werden. Mit dieser Maßnahme soll dafür gesorgt werden, dass der Umgang mit Gemischen von Chemikalien sicherer wird.

Rechtliche Rahmenbedingungen zum Schutz der Umwelt

Gefährliche Chemikalien können sowohl die Gesundheit von EU-Bürgern als auch die Umwelt dauerhaft beeinflussen. Besonders bei persistenten und bioakkumulierbaren Chemikalien gibt es nicht ersichtliche und gravierende Folgen für die Umwelt. Hierbei handelt es sich um Stoffe, die nicht abgebaut und deswegen angereichert werden. Dies kann nicht nur zum Aussterben von Tieren führen, sondern auch dazu, dass diese Chemikalien in unserer Nahrungskette vorkommen und uns ebenfalls Schaden zufügen. Daher möchte die Europäische Kommission Maßnahmen ergreifen, um speziell diese umweltschädlichen Chemikalien besser zu regulieren. Hierzu schlägt die EC vor, neue Gefahrenklassen und -kriterien in die CLP-Verordnung aufnehmen, um Umwelttoxizität, -persistenz, -mobilität und -bioakkumulation anzugehen.

Julia Mikolon | REACH-Expertin

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