Die Meinungen der Sprecher von Behörde, Politik und Industrie waren hierbei erwartungsgemäß sehr kontrovers. Während die CEFIC dargestellt hat, wieviel an Anstrengungen, Ressourcen und auch Geld Unternehmen in der EU bisher in REACH investiert haben, wurde von anderer Seite eher auf bestehende Lücken und Schwächen des Systems hingewiesen. Einigkeit bei allen Parteien herrschte allerdings in dem Punkt, dass zu wenig kontrolliert wird und bisherige Kontrollmechanismen nicht ausreichend funktionieren. Hierbei wurde insbesondere das Problem des nicht harmonisierten Vorgehens der verschiedenen Mitgliedsstaaten hervorgehoben. Bei allen Parteien besteht der Wunsch eines festgelegten harmonisierten Vorgehens bei Kontrollen und auch bei Verstößen aller Mitgliedstaaten.
Neben diesen bekannten Problemen gab es bei dem Event aber auch einen interessanten Einblick in die Vorstellungen und Pläne der Behörden für die Zukunft von REACH und der Chemikalienpolitik. Besonders spannend sind hierbei natürlich die Ideen der neuen EU-Kommission. Für die ist der Schutz von menschlicher Gesundheit und Umwelt einer der wichtigsten Faktoren und die Chemieindustrie damit ein sehr wichtiger Punkt aller Überlegungen der neuen „European Green Deal“-Strategie. Hierbei geht es nicht nur um Nachhaltigkeit, CO2-Neutralität, sondern auch um Gefahren, die von Chemikalien ausgehen.
Der ambitionierte EU-Kommissar machte in seiner Rede deutlich, dass die bisherigen REACH Regeln aus seiner Sicht nicht alle Anforderungen an den Schutz der EU-Bürger und der Umwelt erfüllen würden. Die Schadstoffbelastung in Produkten sei zu hoch. Auch die Schadstoff-Gehalte in der Umwelt würden zunehmen und die öffentliche Meinung der EU-Bürger scheint bei diesen Bedenken ebenfalls eine zentrale Rolle für die EU-Kommission zu spielen: „Der Schutz unseres Planeten Erde und unserer gemeinsamen Umwelt ist definitiv die Aufgabe unserer Generation.“ sagt Virginijus Sinkevičius.
Frida Hök, stellvertretende Direktorin von ChemSec, einer internationalen Umweltschutzorganisation“ unterstrich in Ihrer Rede Ihre Forderung, dass sich derzeit Firmen, die sich stark bemühen, allen Anforderungen gerecht zu werden, sich nicht stark genug von den Firmen abheben können, die dies nicht tun.
Die Umweltministerin Luxemburgs sieht in der Umsetzung des Green Deals eine Chance für die Wirtschaft, denn „auf einem toten Planeten kann kein gutes Wirtschaftsumfeld bestehen“, dafür brauche es aber eine Straffung der Prozesse, um die Substitution besorgniserregender Stoffe zu beschleunigen.
Natürlich besteht immer der Wunsch – auch seitens der Industrie – sichere Chemikalien herzustellen. „CEFIC unterstützt die Zielsetzung des Green Deals.“, sagt Sylvie Lemoine, die als Co-Direktorin von CEFIC eingeladen ist und die Interessen von über 500 Industrieunternehmen vertritt. Aber „96% aller Produkte enthalten chemische Stoffe.“ Entsprechend ist es wichtig, dass alle Parteien bedenken, dass es hier nicht nur um die Gefährlichkeit von Chemikalien geht, sondern dass man hier die Gefährlichkeit zusammen mit der Handhabung und der Exposition sehen muss. „Wir brauchen einen multilateralen Dialog zur ganzen Strategie! Wir können die Industrie nicht ohne Dialog umkrempeln.“, mahnt Lemoine. Bjorn Hansen, Direktor der ECHA, schlägt in dieselbe Kerbe: „Der Green Deal stellt eine Fülle von neuen Forderungen an die Chemieindustrie – zusätzlich zu denen, die es bereits gibt.“
Der neue EU-Kommissar sieht reichlich Handlungsbedarf, regulatorische Maßnahmen zu ergreifen. Von REACh Plus oder auch REACH 2.0 ist die Rede. Dass die EU mit REACH weltweit eine Vorreiter-Rolle eingenommen hat und REACH von vielen Staaten kopiert wird (Korea-REACH, Türkei-REACH, UK-REACH etc.), spornt die Kommission und das EU-Parlament an, auch hier einen Schritt weiter zu gehen. Die Regularien sollen erweitert werden, die Sicherheit von Bürgern und Umwelt weiter gesteigert und der restlichen Welt als Vorbild dienen. Sven Giegold, Parlamentarier und Sprecher der Grünen ergänzt: „Die ECHA muss so ausgestattet werden, dass sie in der Lage ist, dem Ehrgeiz des REACH-Rahmens gerecht zu werden.“
Mit großer Neugier und Spannung warten wir auf die neue Strategie zur nachhaltigen Chemikalienpolitik, die das bisherige System nochmal deutlich verändern könnten. UMCO bleibt hier für Sie natürlich immer auf dem aktuellsten Stand und informiert Sie an dieser Stelle über relevante Neuigkeiten.
Damit Sie nicht plötzlich als „Slow Mover“ auf dem Abstellgleis landen, empfiehlt es sich, die regulatorischen Prozesse zu verfolgen und – wo es möglich ist – der Gesetzgebung einen Schritt voraus zu sein. Die Mühlen der Politik und der Bürokratie mahlen noch langsam. Angesichts des steigenden Drucks auf die EU ist aber davon auszugehen, dass entscheidende Änderungen auf die Chemieindustrie zukommen werden.
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