Umweltschutz

Update: EWKFondsG und europäische Entwicklungen der „Plastiksteuer“

Bereits Ende Mai haben wir über die Verabschiedung des Einwegkunststoffgesetzes (EWKFondsG) informiert, mit dem Artikel 8 Absatz 1 bis 7 der Richtlinie (EU) 2019/904 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juni 2019 über die Verringerung der Auswirkung bestimmter Kunststoffprodukte auf die Umwelt in Deutschland umgesetzt wurde. Ziel der Richtlinie ist, den Verbrauch von Einwegkunststoffprodukten zu reduzieren.

7 Min.

20.07.2023

Einwegkunststoffabgabe in der EU

Die Richtlinie dient unter anderem als ökologisches Steuerungsinstrument und soll die Menge an Kunststoffabfällen in den EU-Mitgliedstaaten reduzieren. Dazu erhebt die Europäische Union seit dem 1. Januar 2021 von den Mitgliedsstaaten die sogenannte „Plastiksteuer“ in Höhe von 0,80 EUR pro Kilogramm nicht recycelter Kunststoffverpackungsabfälle, auch um die Mitgliedsstaaten zu motivieren, im Sinne der Produktverantwortung diese Kosten an die Hersteller von Einwegkunststoffartikel weiterzugeben. Bislang haben nur einige Mitgliedsstaaten von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, sich die Abgaben von den Herstellern, Inverkehrbringern oder Verbrauchern in ihren Ländern zurückzuholen.

Derzeit finanziert Deutschland die europäische „Plastiksteuer“ aus dem Bundeshaushalt. Ab dem 1. Januar 2024 sollen die betroffenen Hersteller diese Abgabe

  • abhängig von der jeweils erstmals auf dem Markt bereitgestellten oder
  • abhängig von der verkauften Menge an Einwegkunststoffprodukten

in einen zu diesem Zweck vom Umweltbundesamt verwalteten Einwegkunststofffonds einzahlen. Aus dem Bundeshaushalt sollen die Einnahmen dann den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern zufließen, die im Rahmen ihrer Entsorgungsverpflichtung diese Einwegkunststoffe einsammeln.

Einwegkunststoffabgabe in Deutschland

Das Einwegkunststoffabgabegesetz (EWKFondsG) zur Einführung einer Abgabe auf Einwegkunststoffprodukte wurde am 15. Mai 2023 im Bundesgesetzblatt verkündet und schafft somit die mehrstufige Grundlage für die Erhebung einer Einwegkunststoffabgabe.

Zunächst wird das Umweltbundesamt, als vollziehende Behörde, eine Einwegkunststoffkommission einrichten, die unter anderem die Höhe der Einwegkunststoffabgabe festlegt.

Ab dem 1. Januar 2024 tritt dann die Registrierungspflicht in Kraft. Nichtregistrierte Hersteller (Inverkehrbringer) unterliegen dann einem Tätigkeits- und Verkaufsverbot. Nicht in Deutschland ansässige Unternehmen, die Einwegprodukte herstellen und diese unmittelbar an deutsche private Haushalte und andere Nutzer verkaufen, müssen einen deutschen Vertreter benennen, der dann die Registrierung übernimmt.

Weiterhin hat das Umweltbundesamt ab dem 01.01.2024 dann auch die Einstufungsbefugnis, ob ein Produkt ein Einwegkunststoffprodukt ist und welcher Produktart es zu zuordnen ist.

Zum 1. Januar 2025 tritt die dritte Stufe in Kraft. Danach dürfen Einwegkunststoffe weder von Herstellern noch von Betreibern elektronischer Marktplätze und Fullfilment-Dienstleistern zum Verkauf angeboten werden, soweit der Hersteller nicht registriert ist. Weiterhin ist dann die erstmalige Mengenmeldung in Bezug auf die jeweilige Produktkategorie, basierend auf den Daten des Vorjahres, von den betroffenen Unternehmen abzugeben. Die Meldung muss von registrierten Sachverständigen nach § 27 Absatz 2 VerpackG oder einem registrierten Wirtschaftsprüfer, Steuerberater oder vereidigten Buchprüfer überprüft werden und erfolgt auf der Plattform DIVID, die sich derzeit in der Entwicklung befindet. Die Abgabe zielt darauf ab, Abfall zu reduzieren, den Kunststoff als Ressource besser zu nutzen und die Kreislaufwirtschaft zu fördern. Hersteller von Einwegkunststoffartikeln sind für Abfallmanagement, Recycling, Reinigung öffentlicher Flächen und die Verbraucheraufklärung verantwortlich.

Einwegkunststoffabgabe in anderen Ländern

Die EU-Mitgliedstaaten haben unterschiedliche Ansätze zur Finanzierung der Plastikabgabe und zur Umsetzung dieser Maßnahme. Einige Länder wie Frankreich und Österreich finanzieren die Abgabe aus ihrem Haushalt, während andere, insbesondere südeuropäische Staaten, beschlossen haben, die Kosten der Abgabe auf die Privatwirtschaft zu übertragen.

Spanien: In Spanien ist bereits ab dem 1. Januar 2023 eine Plastiksteuer in Kraft getreten.

Einwegkunststoffverpackungen werden mit 0,45 Euro pro Kilogramm besteuert. Sowohl Hersteller als auch Importeure sind steuerpflichtig, sofern sie mehr als 5 kg Einwegkunststoffprodukte pro Monat herstellen oder nach Spanien importieren

Italien: Italien hat bspw. die Einführung einer Steuer für Einwegprodukte zum 1. Januar 2024 beschlossen. Steuerschuldner ist hier grundsätzlich der Kunststoffhersteller.

Werden jedoch Einwegverpackungen aus anderen EU-Mitgliedstaaten nach Italien eingeführt, kann auch den ausländischen Importeur die Steuerschuld treffen.

Portugal: Auch in Portugal wurde bereits am 1. Juli 2022 eine Abgabe auf Einwegverpackungen aus Kunststoff eingeführt. Ab dem 1. September 2023 soll zusätzlich eine Abgabe von 0,30 Euro pro Verpackung für Aluminiumverpackungen erhoben werden. Die Abgabepflicht liegt bei den Herstellern bzw. Importeuren von Einwegkunststoffverpackungen, aber letztendlich sollen die Kosten auf die Verbraucher*innen übertragen werden.

Großbritannien: Seit dem 1. April 2022 gilt die Plastic Packaging Tax (PPT) in Großbritannien. Sie betrifft Plastikverpackungen mit weniger als 30% recyceltem Plastik. Deutsche Unternehmen müssen eine Steuer von 200 britischen Pfund pro Tonne zahlen, wenn sie mehr als zehn Tonnen Kunststoffverpackungen nach Großbritannien importieren.

Wer wird abgabepflichtig?

Die Abgabepflicht in Deutschland betrifft sowohl Hersteller als auch Inverkehrbringer von Produkten, die in Anlage 1 des EWKFondsG genannten Waren genannt sind. Dabei handelt es sich beispielsweise um:

  • Lebensmittelbehälter für Speisen, die zum sofortigen Verzehr bestimmt sind
  • Verpackungen und Umhüllungen aus flexiblem Material, die Lebensmittel enthalten, die zum sofortigen Verzehr bestimmt sind
  • Getränkebehälter mit einem Fassungsvermögen von bis zu drei Litern
  • Becher für Getränke, einschließlich Deckel und Abdeckungen
  • leichte Tragetaschen
  • Feuchttücher für Körperpflege und Haushalt
  • Luftballons, ausgenommen solche für industrielle oder sonstige gewerbliche Zwecke und Anwendungen, die nicht an Verbraucher abgegeben werden
  • Tabakerzeugnisse mit Filter (etwa Zigaretten) und die Filter selbst

Während inländische steuerpflichtige Unternehmen eine Selbstveranlagung vornehmen müssen, müssen ausländische Inverkehrbringer einen Bevollmächtigten bestellen und dem Umweltbundesamt vor dem erstmaligen Inverkehrbringen melden. Der Bevollmächtigte übernimmt die Herstellerpflichten (wie bspw. die Mengenmeldung). Es ist wichtig zu beachten, dass die genauen Kriterien für die Steuerpflicht von Land zu Land unterschiedlich sein können. Daher sollten Unternehmen die spezifischen Vorschriften ihres Landes prüfen, um festzustellen, ob sie von der Plastiksteuer betroffen sind.

Wie hoch wird die Einwegkunststoffabgabe in Deutschland ausfallen?

Da die Einwegkunststoffkommission, die mit der Festsetzung der Höhe Einwegkunststoffabgabe betraut sein wird, noch nicht berufen ist, kann man dazu noch keine konkrete Aussage treffen. Allerdings hat das Umweltbundesamt dazu bereits eine Studie durchführen lassen. Die Studie kommt zum Schluss, dass die jährliche Sammlung von achtlos weggeworfenen Einwegkunststoffen in Straßen und Parks den Steuerzahler rund 434 Millionen Euro kostet. Daraus resultierend schlägt die Studie vor, im Falle von Einwegbechern aus Plastik eine Abgabe von 1,23 €/kg oder bei kunststoffhaltigen Zigarettenfiltern eine Abgabe von 8,95 €/kg. Die genaue Höhe der Abgabesätze bleibt daher abzuwarten.

Aktuelle Herausforderungen für Unternehmen

Eine der Herausforderungen besteht darin, relevante Daten zu beschaffen, um die entstehenden Kosten durch eine Kunststoffsteuer zu ermitteln und zu überwachen. Unternehmen sollten möglicherweise ihre eigenen Lieferketten analysieren und optimieren, um die anfallenden Plastiksteuern zu minimieren. Auch sind derzeit noch keine Erfahrungswerte zur Einstufung der jeweiligen Produkte vorhanden, ggf. muss bis zum 01.01.2024 abgewartet werden, bis das Umweltbundesamt mit der Feststellungsbefugnis ausgestattet wird, um an dieser Stelle eine genaue Zuordnung zu einer Eigenschaft oder Produktgruppe zu veranlassen.

Simon Führt | Experte für Umweltschutz und Managementsysteme

Unsere Empfehlung

Es ist wichtig, dass Sie sich bereits jetzt auf mögliche Maßnahmen vorbereiten, um die Auswirkungen der Plastiksteuer zu bewältigen. Für Unternehmen in Deutschland besteht derzeit noch keine direkte Verpflichtung in Bezug auf die Plastikabgabe. Allerdings ergibt sich insbesondere für Unternehmen mit Tochtergesellschaften in anderen EU-Ländern bereits Handlungsbedarf. Da eine EU-weite Harmonisierung der Plastiksteuer nicht geplant ist, müssen Unternehmen den Überblick über die aktuellen Entwicklungen und die damit verbundenen administrativen Pflichten in den einzelnen Mitgliedstaaten behalten.

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