Winzige Fragmente synthetischer oder chemisch modifizierter natürlicher Polymere sind in der Umwelt weit verbreitet, können leicht von lebenden Organismen aufgenommen werden und sich in der Nahrungskette anreichern. Das geschieht unter anderem, weil diese Polymere nicht wasserlöslich sind und nur sehr langsam oder gar nicht abgebaut werden. Das Vorhandensein der Partikel in Trinkwasser und Lebensmitteln wurde bereits nachgewiesen. Das daraus folgende ubiquitäre Vorkommen dieser Polymere gibt Anlass zu Bedenken hinsichtlich ihrer allgemeinen Auswirkungen auf die Umwelt und möglicherweise auch auf die menschliche Gesundheit.
Deshalb ist es wichtig, den bewussten Einsatz von Mikroplastik zu reduzieren und alternative Materialien zu verwenden. Ob und wie die EU zukünftig gegen das unbeabsichtigte Freisetzen von Mikroplastik (z. B. durch Reifenabrieb) vorgehen wird, bleibt zunächst ungewiss.
Laut der Beschränkung bezeichnet „Mikroplastik“ alle festen, synthetischen, organischen, unlöslichen und schwer abbaubaren Polymermikropartikel, die einen Durchmesser von ≤ 5 mm besitzen bzw. Kunststofffasern mit einer Länge von ≤ 15 mm. Die Beschränkung gilt bereits, wenn mindestens 1 Gewichtsprozent der Partikel diese Bedingungen erfüllen oder die Polymere eine kontinuierliche Oberflächenbeschichtung auf den Partikeln bilden.
Der Beschränkungstext bezieht sich aktuell auf Mikroplastik, welches absichtlich Produkten zugefügt wird, um eine bestimmte Eigenschaft zu erreichen. Das Absplittern von altem Lack oder das Anschleifen von Grundierungen zählt nicht zur beabsichtigten Freisetzung.
Von der Mikroplastikbeschränkung sind mehr oder weniger alle absichtlich zugesetzten Polymermikropartikel mit den oben genannten Eigenschaften betroffen. So gilt das Verbot des Inverkehrbringens beispielsweise für losen Glitzer an Endverbraucher bereits seit dem 17.10.2023. Für bestimmte Verwendungen, Gemische und/oder Erzeugnisse mit Mikroplastik gelten unterschiedliche Übergangsfristen.
Diese reichen vom 17.10.2027 (Verwendung von Mikroperlen als Abrasivstoff zum Peelen in kosmetischen Mitteln) bis zum 17.10.2035 (Verwendung in Make-up-Produkten). Lieferanten von Polymermikropartikeln müssen ab dem 17.10.2025 Anweisungen und gegebenenfalls zusätzliche Informationen an nachgeschaltete industrielle und gewerbliche Anwender und die breite Öffentlichkeit übermitteln.
Hinzu kommt, dass Hersteller, Lieferanten und nachgeschaltete industrielle Anwender von Polymermikropartikeln ab dem 31.05.2026 jährlich bestimmte Informationen an die ECHA melden müssen. Wie und über welche Portale die Meldung zu erfolgen hat, wird diskutiert. Dazu werden wir demnächst einen weiteren Blog-Artikel veröffentlichen.
Neben den ausgenommenen Verwendungen und Rechtsbereichen (Verwendung in Industrieanlagen, (Tier-)Arzneimittel, bestimmte Düngeprodukte, Lebensmittelzusatzstoffe, In-vitro-Diagnostika und Lebensmittel) gibt es drei Hauptgründe, wann Mikroplastik von der Beschränkung befreit ist:
Leider sind in dem Beschränkungstext technische Mittel nicht näher definiert, aber es werden einige Beispiele in den Erwägungsgründen genannt (z. B. Chromatografiesäulen, Wasserfilterkartuschen oder Druckertoner).
Für die Farben- und Lackindustrie gibt es teilweise Grund zur Freude. Wenn die Mikroplastikpartikel in einer festen Matrix eingeschlossen werden, wie zum Beispiel in einer Lack- oder Farbschicht, dann profitieren die Hersteller und Verwender von der Ausnahmeregelung. Dennoch müssen Informations- und Deklarationspflichten beachtet werden.
Die Beschränkung umfasst erstmals keine bestimmten Stoffe oder Stoffgruppen, sondern bezieht sich auf die Dimensionen und Eigenschaften von sehr diversen synthetischen Polymeren.
Der Stoff, aus dem die Partikel bestehen, ist bei der Beschränkung nahezu nebensächlich.
Die Beschränkung betrifft auch andere Rechtsbereiche, die teilweise von der REACH-VO ausgenommen sind oder wo es noch ergänzende Verordnungen und Richtlinien gibt, die die Verwendung reglementieren. Betroffen sind z. B. Kosmetik, Detergenzien, Medizinprodukte, Düngeprodukte und Pflanzenschutzmittel. (nähere Informationen entnehmen Sie bitte den Verordnungen der jeweiligen Rechtsbereiche).
Daher lohnt sich der Blick in den Eintrag 78 auch für Personen, die sonst keine Berührungspunkte mit REACH haben, um die Betroffenheit zu prüfen. Denn auch wenn Unternehmen von einer Ausnahme profitieren, können Informations- und Deklarationspflichten bestehen.
Ziel sollte es allerdings sein, Produkte zu entwickeln, in denen das Mikroplastik durch weniger umweltschädliche Stoffe ausgetauscht wird. Hier gibt es bereits viele interessante Ansätze und echte Alternativen. Natürlich können viele Alternativen anderweitig kritisch sein, so ist bspw. Shellack nicht vegan oder der Abbau von Mica für Glitzerprodukte oft nicht sozialverträglich.
Die Strafen bei Verstößen gegen das Mikroplastik-Verbot hängen von den nationalen Gesetzen der EU-Mitgliedstaaten ab, die für die Durchsetzung der Beschränkung und die Sanktionierung von Verstößen verantwortlich sind. Die Verordnung selbst legt keine einheitlichen Strafen und Bußgelder fest, sondern überlässt es den Mitgliedstaaten, angemessene und wirksame Maßnahmen zu ergreifen. Die Sanktionierung kann je nach Schwere und Häufigkeit des Verstoßes variieren und zum Beispiel Geldbußen, Produktentzug, Verkaufsverbot bis hin zu Haftstrafen umfassen. Die EU-Kommission wird die Umsetzung und die Wirksamkeit der Beschränkung überwachen und regelmäßig darüber berichten.
Diverse Verbände der Klebstoff-, Lack- und Bauindustrie haben Hinweise und Hilfestellungen zur Umsetzung der Beschränkung von synthetischen Polymermikropartikeln herausgebracht. Dort werden die einzelnen Pflichten verständlich beschrieben und die unterschiedlichen Fristen aufgeführt. Besonders hilfreich sind die Schemen, die eine Art Entscheidungsbaum darstellen, an denen sich Hersteller, Importeure und Formulierer orientieren können, zum Beispiel, wenn es um die Fragestellung geht, ob die verwendeten Partikel den Kriterien der synthetischen Polymermikropartikeln entsprechen.
Den Leitfaden „Hinweise und Hilfestellungen zur Umsetzung der Beschränkung von synthetischen Polymermikropartikeln (Verordnung (EU) 2023/2055) finden Sie auf der Internetseite der Deutschen Bauchemie unter der Rubrik „Deutschsprachige Publikationen“.
Dr. Elisa Grabitz | REACH-Expertin
Überprüfen Sie Ihr Produktportfolio auf absichtlich zugefügtes Mikroplastik und beachten Sie die geltenden (Übergangs-)Fristen für die Herstellung, die Einfuhr und den Verkauf Ihrer Produkte. Sollten Ihre Produkte von der Beschränkung betroffen sein, prüfen Sie, ob es geeignete mikroplastikfreie Alternativen gibt. Die entsprechenden Verbände stellen ebenfalls Informationen und Handlungsempfehlungen bereit.
Wenn Ihnen unklar ist, ob Sie von der Beschränkung betroffen sind, können wir Ihnen helfen Ihre Betroffenheit zu ermitteln. Wir unterstützen Sie bei Fragen zur Interpretation des Gesetzestextes und prüfen, ob Sie von Ausnahmeregelungen oder längeren Übergangsfristen profitieren können. Brauchen Sie Statements zu Mikroplastik für Ihre Kunden? Wir unterstützen Sie gern bei der Erstellung dieser.
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